Kaarst Kaarsterin pilgert den harten Jakobsweg

Kaarst · Für Klaudia Wolnitza war immer der Weg das Ziel. Dafür wählte sie auch den unbequemen Camino primitivo.

Kaarst: Kaarsterin pilgert den harten Jakobsweg
Foto: Wolnitza

Heute ist Jakobstag. Viele Kaarster pilgern auf seinen Spuren. Eine von ihnen ist Klaudia Wolnitza. Und sie ist sich sicher: "Das war das größte Erlebnis meines Lebens!" Im Alter von acht Jahren pilgerte sie zum ersten Mal - 50 Kilometer von Vorst nach Blatzheim (Stadt Kerpen) mit der Matthiasbruderschaft. "In Turnschuhen", erinnert sie sich schmunzelnd. Hape Kerkelings Buch "Ich bin dann mal weg" war dann die Initialzündung, den Jakobsweg zu gehen. "Wenn er das schafft, schaffe ich das auch", war Klaudia Wolnitzas Gedanke.

In Santiago de Compostela anzukommen sei aber nie ihr Ziel gewesen: "Ich wollte selbst bestimmen, wie lange ich gehe. Der Weg war mein Ziel", erklärt sie. Bei der Vorbereitung stieß sie im Internet auf die Paderborner Jakobusfreunde. "Dort herrschte ein sehr freundlicher Umgangston, der mich überzeugt hat", erinnert sich die 61-jährige. Sie wurde Mitglied, flog 2008 nach Pamplona und startete dort ihren Pilgerweg. "Zu Beginn machte ich typische Anfängerfehler: Ich hatte viel zu viele Sachen mit und ging 320 Kilometer in drei Wochen", sagt sie.

Aber bereits auf dieser Etappe sammelte die Vorsterin bereichernde Erfahrungen: Sie lernte interessante Menschen kennen, erlebte schöne Begegnungen und traf auf viel Hilfsbereitschaft bei kleinen Problemen. "Einmal hatte es Hunde und Katzen geregnet, und der Lehmboden verwandelte sich in einen einzigen Matsch. Ich fiel rückwärts eine Böschung herunter und blieb wie ein Maikäfer auf dem Rücken liegen. Sofort zogen mich mehrere Menschen hoch", erzählt sie. Überraschend war für sie das gemeinsame Übernachten von Männern und Frauen in den Herbergen - später zog sie Übernachtungen in Hostels mit eigenem Bad vor. In den Jahren 2010 bis 2014 - mit einer Pause 2013 - wanderte sie jeweils in drei Wochen durchschnittlich 200 Kilometer. Bis auf eine Ausnahme blieb sie dabei allein. "So ist man offen für alles, kann an einem Ort länger verweilen und den Weg mit allen Sinnen genießen", meint sie. Dazu gehörte auch das Essen - und das Trinken von bis zu sechs Litern Wasser am Tag. Nachdem sie auf dem klassischen Camino francès "eher Partystimmung" und viel Kommerz erlebte, wechselte sie auf den härteren Camino primitivo. Dessen Ursprünglichkeit gefiel ihr viel besser. Im Laufe der Zeit optimierte sie ihre Ausstattung und erlebte den Jakobsweg an sich als Gemeinschaft.

Bis ihr 2014 bei der Rückfahrt im Bus der Rucksack gestohlen wurde. "Das war für mich ein Zeichen, nicht mehr weiterzugehen", sagt Klaudia Wolnitza. Jetzt freut sie sich auf eine Flugreise nach Santiago de Compostela im September. Ihr Fazit nach über 1000 zurückgelegten Kilometern: Der Pilgerweg habe sie geerdet und zur Ruhe kommen lassen. Sie kann ihn nur empfehlen: "Ich werde den Rest meines Lebens davon zehren."

Ihr Glaube sei aber nicht ihre Hauptmotivation gewesen, erklärt sie weiter. Und heute genießt sie den positiven Nebeneffekt ihrer Reisen: Es bildeten sich enge Freundschaften mit den Paderborner Jakobusfreunden, die sich zwei Mal jährlich treffen.

(NGZ)
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