Kaarst Im Streit mit Amprion und der "großen" Politik

Kaarst · Landwirt Heinrich Müllers fühlt sich vom Netzbetreiber beim Bau der Stromtrasse, die über sein Land führt, nicht ausreichend entschädigt.

Die rund 1000 Seiten füllen Ordner. Der geplante Strom-Konverter, den der Netzbetreiber Amprion auf der sogenannten Dreiecksfläche errichten will, und die Zuleitung beschäftigen Heinrich Müllers seit Jahren. Sein Briefverkehr ist beachtlich, im Adressverzeichnis finden sich Bundestagsabgeordnete, Ministerien und sogar die Kanzlerin. Doch er fühlt sich machtlos. Mit der von Amprion angebotenen Einmalzahlung will er sich nicht abfinden, fordert statt dessen eine wiederkehrende Vergütung. Diese aber "sieht das Gesetz derzeit nicht vor", stellt Amprion-Sprecher Thomas Wiede klar.

Eigentlich wäre es Müllers am liebsten, wenn über seinen Grund und Boden gar keine Stromleitung führte. "Aber ich sehe ja ein, dass der Strom von der Nordsee irgendwie in den Süden Deutschlands transportiert werden muss", lenkt der Eigentümer von etwa 30 Morgen Ackerfläche an der Niederdonker Straße ein. Die wird seit mehr als 40 Jahren diagonal von einer 380-KV-Leitung überquert. Nun würde Amprion im Zuge des Netzausbaus gern auf die bestehende Trasse neue Höchstspannungsleitungen legen. Auch davon ist Müllers nicht begeistert. Die Hoffnung, dass sich die Konverter-Gegner mit ihrer Forderung nach einem Erdkabel durchsetzen könnten, hat der Ur-Kaarster inzwischen begraben. "Das Erdkabel wird nicht kommen", sagt er überzeugt. "Mir liegt ein Angebot von Amprion im Zusammenhang mit einer Höchstspannungsleitung vor", erklärt er. Ihm und, wie er berichtet, einem knappen Dutzend weiterer Kaarster Grundstückseigentümer, deren Parzellen von der Trasse betroffen wären und für die er teilweise spricht. Worüber Müllers sich ärgert: "Wenn die Leitung schon kommen soll, möchte ich wenigstens angemessen entschädigt werden", sagt er.

Aktuell wird nach Angaben von Amprion eine einmalige Entschädigung in Höhe von 20 Prozent des Grundstückswertes für den sogenannten Schutzstreifen entlang der Stromleitung gezahlt. Das Bundeswirtschaftsministerium hat nun eine Studie in Auftrag gegeben, die diese Entschädigungspraxis prüfen soll. Mit Ergebnissen ist, wie Wiede weiß, im Herbst zu rechnen. "Sollte sich etwas ändern, würden wir uns selbstverständlich an die dann gültige rechtliche Praxis halten", versichert er und weist darauf hin, dass Amprion bereits den rechtlichen Rahmen ausschöpfe und Entschädigungen "am oberen Rand" zahle.

"Amprion erhält für seine Investitionen eine jährliche Verzinsung von 9,05 Prozent, abgesichert durch die Bundesregierung - das hätte ich auch gern", führt Müllers an. "Die Zinsen werden jedoch nur auf das eingesetzte Eigenkapital gezahlt. Die neun Prozent wurden von der Bundesnetzagentur festgelegt und sind auch ein Wert vor Steuern. Unter dem Strich ergibt sich schließlich auf die gesamte Investition ein Gewinn nach Steuern von etwa drei Prozent", rechnet Wiede vor.

Jahrzehnte zurückliegende Arbeiten für die heutige Stromtrasse hätten seinerzeit durch die schweren Maschinen auf nassem Untergrund Schäden verursacht, die sich immer noch bemerkbar machten, berichtet Müllers. "Ein Veto-Recht für Arbeiten von Amprion bei extremer Nässe haben wir aber nicht", beklagt er. Das bestätigt Thomas Wiede, aber: "Wir nehmen für uns in Anspruch, den Bodenschutz wichtig zu nehmen, und haben Standards entwickelt, uns bodenschonend auf einem Terrain zu bewegen", sagt er. Schließlich sei Amprion an einem guten Verhältnis mit den Anliegern interessiert.

(NGZ)
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