Kaarst Der Mann am Klavier kann auch Gitarre

Kaarst · Immer mittwochs begleitet Manfred Schellewald das Caféleben im "EinBlick" mit Musik. Er singt, spielt Klavier, Gitarre und Akkordeon.

Sanfte Klavierklänge umschmeicheln die Besucher des Kunstcafés Einblick. "La vie in rose" lässt für einige Minuten den Alltag verschwinden. Dann wechselt der Mann am Klavier das Instrument, nimmt die an der Wand lehnende Gitarre und stimmt einen schwermütigen portugiesischen Fado-Gesang an, bevor er mit flotteren Rhythmen und Pfeifen auch die Kleinsten in seinen Bann zieht. Anschließend genießt das musikalische Allroundtalent Manfred Schellewald (77) einen Cappuccino.

"Ich habe schon als Kind Klavierspielen gelernt. Wenn du die Tasten beherrscht, kannst du viel", erzählt er. So gehören neben Klavier und Gitarre auch das Akkordeon und die Melodika zu seinen bevorzugten Instrumenten. "Eigentlich wollte ich Musikclown werden", erinnert sich der rüstige Vater von drei Töchtern. Doch Autolackierer wurde sein Brotberuf, und die Musik blieb sein großes Hobby. "Als junger Mann habe ich in meiner Heimatstadt Düsseldorf Tanzmusik mit einer Drei-Mann-Band am Samstagabend und sonntags beim Tanztee gespielt. Natürlich gegen Bezahlung", erzählt Schellewald. Später traf er sich mit Kollegen zum Musizieren. Dieser Kreis brach durch Krankheit und Tod auseinander. "Nun ist das Kaarster Café Einblick mein musikalischer Anlaufpunkt", erklärt er. In seinem Wohnort Driesch gebe es ja leider keine Kneipe mehr, bedauert Schellewald. "Deshalb spiele ich hier aus eigenem Interesse und aus Spaß an der Freud." Immer mittwochs, sein Repertoire reicht von norddeutschen Liedern bis hin zu Blues.

An das Kunstcafé geriet er eher durch Zufall. "Meine Frau besucht seit zwei Jahren mittwochmorgens immer den Englischkursus im Haus der Senioren gegenüber. Da es zur Marktzeit nie einen Parkplatz gab, musste ich sie fahren, und so vertreibe ich mir die Zeit hier", sagt der Musikfreund schmunzelnd. Inzwischen hat er in einer sich wöchentlich treffenden Frauenrunde ein echtes Stammpublikum. "Er spielt sehr schön, und ich höre ihm gerne zu", sagt Hildegard Karbassioun und steckt Schellewalds Hund Skuby ein Plätzchen zu. "Neulich sagte mir jemand, dass er den ganzen Tag gute Laune hatte, nachdem er meine Musik hier gehört hat", sagt Schellewald stolz.

Aber nicht alle Besucher wollen musikalisch unterhalten werden, fügt er hinzu und zitiert Wilhelm Busch: "Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden!". Die Auftritte verhalfen ihm zu musikalischen Einlagen bei Gold- oder Diamanthochzeiten. Auch beim Weihnachtsbasar im Haus der Senioren ist er eine bekannte Größe. "Das kommt bei den Leuten gut und sie kommen extra deswegen wieder", erzählt Schellewald. Auf dem Wochenmarkt und vor seinem Haus in Driesch lässt er bei gutem Wetter das Akkordeon erklingen. "Dann weiß jeder, dass der Frühling da ist", sagt Schellewald lächelnd.

Einer seiner Töchter und Enkel Marvin (20) habe er sein musikalisches Talent vererbt. "Er spielt E-Gitarre und zeigt mir Griffe, die ich noch nicht kenne", sagt Schellewald stolz. "E-Gitarre bedeutet übrigens Edel-Lärm", so seine launige Erklärung. Die Fado-Kenntnisse rühren von zahlreichen Urlaubsfahrten mit dem familieneigenen VW-Bus nach Portugal her. "Den habe ich übrigens jedes Jahr anders lackiert, so dass alle dachten, wir hätten schon wieder ein neues Auto."

(NGZ)
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