Kaarst Das verschollene Cognac-Herz

Kaarst · Zum Tag des Archivs hat sich die NGZ auf Spurensuche in Kaarst begeben. Wo lässt sich alte Geschichte noch nachvollziehen? Fundorte sind das Pfarrarchiv von St. Martinus und die Friedhofskapelle.

 In der Familiengruft unterhalb von Alt St. Martin ruhte das Herz von Hövelich.

In der Familiengruft unterhalb von Alt St. Martin ruhte das Herz von Hövelich.

Foto: NGZ

Kaarst Seine letzte Reise führte Ferdinand von Hövelich nach Paris. Dort verstarb der kurkölnische Geiheime Rat, Amtmann von Liedberg und Herr über die Lauvenburg im Herbst des Jahres 1680. Hövelich war kinderlos, seine Gemahlin Maria Klara Schenk schon Jahre vor ihm verstorben. Das Geschlecht derer von Hövelich ging zu Ende und konnte nur noch im letzten Willen des Adeligen weiterleben.

Und tatsächlich: 340 Jahre später lassen sich immer noch Spuren des ehemaligen Herrn der Lauvenburg finden. Denn der greise Ferdinand hatte einen Wunsch. Ferdinand von Hövelich hatte per Testament verfügt, dass — falls er nicht in der Heimat sterbe — sein Herz ohne weitere Öffnung ausgenommen, einbalsamiert und eingefass-t in Kaarst beizusetzen sein. Hövelich starb bekanntlich weit weg von der Lauvenburg, im Land des Cognacs. Und so fand das Herz des Geheimen Rates, in eben jenem Tropfen eingelegt, den Weg zurück nach Kaarst.

Dort wurde es dann — gemäß testamentarischem Wunsch — in der Grabkammer seiner Klara Schenk bestattet. Die Herren der Lauvenburg hatten ein Anrecht auf eine Grabkammer in der Kaarster Pfarrkirche — gleich unterhalb der Sakristei. Und die treuen Kaarster wussten, wer da unter ihren Füßen liegt. Schließlich hatte der alte Lehnsherr ihnen in seinem Testament "am Karfreitag nach der Passionspredigt oder an einem anderen bequemen Tag fünf Malter Korn von der Lauvenburg" vermacht. Darüber hinaus kündigte eine steinerne Inschrift vom einstmals prominenten Burgbewohner.

"Quod amor conjunxit mors sparare non potuit" — "Was die Liebe verband, konnte der Tod nicht trennen" — Ferdinand outete sich posthum als große Romantiker. Bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein war die Inschrift fest in die Wand der Sakristei eingelassen. Dann bauten die Kaarster ihre neue Kirche und Alt St. Martin geriet in Vergessenheit. Nicht aber die Grabkammer und das Herz: Pfarrer Otto Krott ließ nach beidem graben. Doch die Grabkammer und das Herz waren verschwunden.

In alten Unterlagen des Pfarrarchivs von St. Martinus findet sich — neben dem Testament von 1680 — auch eine mögliche Erklärung für den Verlust von Gruft und Cognac-Herz: Bei Bauarbeiten unterhalb der Sakristei, als die Kirche eine neue Heizung bekam, könnte die Kammer zerstört worden sein. Immerhin sind Inschrift und Testament den Kaarstern erhalten geblieben. Die letzte Reise des Ferdinand von Hövelich war also nicht ganz umsonst.

(NGZ)
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