Kaarst Albanerin ohne Chance auf Ausbildung

Kaarst · Arjola Hatija sieht für sich und ihre Familie in ihrem Herkunftsland Albanien keine Perspektive. In Kaarst könnte sie eine Ausbildung zur Altenpflegerin machen. Dennoch erhält sie keine Genehmigung.

Sie arbeitet gern mit alten Menschen und kommt umgekehrt hervorragend bei den Senioren an, die sie schnell ins Herz geschlossen haben. Doch Arjola Hatija darf die Ausbildung zur Altenpflegerin im Kaarster Johanniter-Stift nicht beginnen, sondern wird in ihr Herkunftsland Albanien zurückkehren müssen, das sie vor zehn Jahren verlassen hat. Obwohl sie, Ehemann Blerim und Töchterchen Amanda (5) sich in wenigen Monaten bestens in Kaarst eingelebt haben, erstaunlich gut Deutsch sprechen, hochmotiviert sind - und die Eltern Arbeitsstellen nachweisen können.

Hanno Wilsch, der sich seit Monaten mit Ehefrau Christine dafür einsetzt, dass die sympathische Familie in Kaarst bleiben kann, ist die Enttäuschung anzumerken, als er gestern Nachmittag von der Absage nur wenige Minuten zuvor berichtet: Der Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit hätte seine Zustimmung geben müssen, dass Arjola und Blerim Hatija in Deutschland eine Ausbildung absolvieren dürfen. Der ablehnende Bescheid wird, so Wilsch, mit der "Vorrangprüfung" begründet.

Das wiederum kann Rosel Band, Leiterin des Johanniter-Stiftes in Kaarst, nicht nachvollziehen. "Wir benötigen dringend Fachkräfte in der Altenpflege, könnten jedes Jahr zehn bis 15 Leute ausbilden, haben aber allenfalls fünf bis sechs Bewerber", sagt sie. Kein Kaarster Problem, wie sie versichert, sondern in allen 30 Johanniter-Seniorenhäusern in Nordrhein-Westfalen Realität, "wir finden kaum noch Auszubildende, die geeignet und motiviert sind." Arjola Hatija, betont Band, ist beides. Davon konnte sich die Einrichtungsleiterin bei einem vierwöchigen Praktikum der 28-Jährigen überzeugen. "Sie hat sich gleich sehr gut eingefügt und in kurzer Zeit Beziehungen zu den Bewohnern aufgebaut - das kann nicht gelernt werden, das hat etwas mit Herzensbildung zu tun." Arjola Hatija wiederum berichtet mit leuchtenden Augen von den Begegnungen mit den Senioren.

Seine Mitarbeiter entschieden nicht leichtfertig, betont Wolfgang Draeger, Geschäftsführer operativ der Bundesagentur für Arbeit Mönchengladbach. "Sie beurteilen aber nie die Person oder deren Eignung." Zum konkreten Fall kann er aus Datenschutzgründen nichts sagen.

Im Juli 2015 kam Familie Hatija nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. In Kaarst lernen alle drei fleißig Deutsch, Amanda freut sich auf die Einschulung im Sommer. Vater Blerim (30), der Erfahrung als Fliesenleger hat, wurde in einem Korschenbroicher Fachbetrieb eine Lehrstelle angeboten. Als die Hatijas Anfang des Jahres von neuen Bestimmungen aus dem Bundesinnenministerium hörten, die Asylbewerbern vom Westbalkan Möglichkeiten aufzeigten, auf legalem Weg zu Arbeit in Deutschland zu kommen, zogen sie ihren Asylantrag zurück. Alle erforderlichen Bedingungen schienen die Eheleute zu erfüllen. Aus Gesprächen mit zuständigen Behörden nahm Christine Wilsch die Zuversicht mit, dass der Antrag der Hatijas genehmigt würde. Sie will auch jetzt noch nicht aufgeben: "Dann legen wir Widerspruch ein und rollen das Ganze von vorne auf", kündigt sie an.

(NGZ)
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