Strukturwandel "Wir als Kirche müssen den Menschen Hilfestellungen geben"

Eine Sorge treibt Regionaldekan Ulrich Clancett um: "Jüchen entwickelt sich und wächst, neue Menschen ziehen zu uns, doch jeder lebt in seiner Burg", stellt er in den Neubaugebieten fest.

 Pfarrer Ulrich Clancett.

Pfarrer Ulrich Clancett.

Foto: angr

Es sei einerseits gut, dass Jüchen ab 1. Januar 2019 Stadt werde und jetzt bereits die Infrastruktur dafür schaffe: Doch da sei auch die Kirche gefordert, die die Fragestellung im Blick behalten müsse: "Was macht diese Entwicklung mit den Menschen?", sagt Clancett vor allem als Jüchener Gemeindepfarrer.

"Wir als Kirche müssen den Menschen Hilfestellungen geben und ihnen Perspektiven aufzeigen", fordert der Theologe auch mit dem Blick auf den Strukturwandel in der Region. Die Kirche müsse Menschen auffangen, die nicht mehr, wie ihre Väter, einmal fürs ganze Leben den erlernten Beruf ausüben könnten.

"Von den jungen Menschen wird heute ein ungeheures Maß an Flexibilität erwartet", weiß Clancett und nennt das Beispiel eines jungen Kraftwerkers, der im Hinblick auf den Kohleausstieg jetzt unmittelbar nach Abschluss seiner Ausbildung berufsbegleitend ein Studium begonnen hat. "Die Menschen sind in jeder Hinsicht unterwegs", beobachtet Clancett und sieht auch dort die Herausforderung an die Kirche, aufzufangen, Sicherheit und Lebenshilfe zu vermitteln.

Mit Sorge sieht er eine Entwicklung in den Dörfern, die mit dem Sterben der kleinen Dorfgasthöfe auch ihre Treffpunkte verlieren. Dadurch bestehe ebenso wie in den Neubaugebieten die Gefahr zunehmender Anonymisierung und der Entwicklung zu einer Schlafstadt, wie der Geistliche warnt. Das mache sich bereits im Vereinslebens negativ bemerkbar.

"Die Vereine haben es inzwischen unheimlich schwer, die Menschen zu gewinnen. Sie müssen regelrecht von Haus zu Haus gehen und sind froh, wenn ihnen überhaupt die Tür aufgemacht wird", schildert er die Folgen der Anonymisierung, die auch vor den Dörfern nicht Halt mache: "Das sieht man an den Kennzeichen der Autos, die abends vor den Häusern stehen.

Vor allem auch für den Seelsorger Ulrich Clancett ist es wichtig, bei aller Entwicklung zu einem städtischen Jüchen dennoch eine gewisse dörfliche Kultur mit einem aktiven Vereinsleben, mit einer funktionierenden Nachbarschaft und natürlich mit einer Anbindung und Begleitung der Menschen durch die Kirche aufrecht zu erhalten. Denn die Stadtwerdung von Jüchen werde auch die Menschen verändern: Zivil- und Kirchengemeinde seien gefordert, dies im Blick zu behalten.

(NGZ)
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