Jüchen Wenn sich Jüchener für immer verabschieden

Jüchen · Viele Menschen in der Gemeinde denken früh über ihr Ableben nach. Für die letzte Folge unserer Serie waren wir bei Bestatter Jens Reipen.

Der Tod war da. Diesmal im Seniorenzentrum Haus Maria Frieden. Die Frau auf dem Sterbebett sieht friedlich aus. Sie ist normal angezogen, ihre Hände liegen verschränkt auf dem Körper. Auf dem Nachttisch steht ein kleines hölzernes Kreuz, daneben brennt eine Kerze. Es ist still in dem Zimmer. Keiner spricht laut. Auch Bestatter Jens Reipen nicht. Der größte Bestattungsunternehmer aus Jüchen holt die Verstorbene, die ihren Lebensabend im Seniorenzentrum verbracht hat, gemeinsam mit einem Kollegen ab. Von Routine mag er nicht sprechen. Für ihn sei die Frau nicht einfach nur eine Tote, sondern ein Mensch, der auch nach seinem Ableben würdevoll behandelt werden solle, sagt Reipen.

Im zurückliegenden Jahr sind laut Gemeindeverwaltung rund 270 Jüchener verstorben. Viele im Seniorenheim, noch mehr im Krankenhaus. "Ich schätze, dass 60 Prozent dieser Menschen im Krankenhaus verstorben sind. Nur ein kleiner Teil stirbt zuhause", sagt der Bestatter. Reipen stellt allerdings auch fest, dass die Jüchener sich heutzutage mehr Gedanken machten über das, was mit ihnen geschieht, wenn sie nicht mehr leben. "Manche informieren sich schon im Alter von 40 Jahren bei uns", sagt Reipen.

Mittlerweile besteht sein Bestattungsunternehmen in der fünften Generationen. Es ist ein Familienbetrieb. "Ich bin damit großgeworden", erzählt der 31-Jährige, der schon viele Verstorbene gesehen hat. Menschen, die ein erfülltes Leben hinter sich hatten. Und Menschen, die plötzlich aus dem Leben gerissen wurden. Nicht alle, die er bestattet, sind sehr alt. "Die meisten sind aber 80 Jahre oder älter geworden."

Der Jüchener führt, wie die andere Bestatter auch, die Trauergespräche mit den Angehörigen, plant Beerdigungsfeiern, lässt Todesanzeigen schalten, kümmert sich um die Dekoration, das Grab - und um die Formalitäten. "Verstorbene müssen abgemeldet werden. Und Angehörige haben nicht selten Anspruch auf Rentengelder und Ähnliches", sagt der Bestatter. Deshalb sei es auch wichtig, immer erreichbar zu sein.

Wie die Gemeindeverwaltung mitteilt, ist in Jüchen nur noch etwa jede dritte Beerdigung eine Sargbestattung. "Die meisten entscheiden sich vor ihrem Tod für eine Urnenbestattung", berichtet Reipen. Früher sei das anders gewesen. "Da wurden bis zu 70 Prozent aller Verstorbenen klassisch in einem Erdgrab beigesetzt."

Das Ziel der letzten Reise richtet sich nach dem letzten Wunsch des Verstorbenen. "Manchmal bahren wir die Menschen auf, so dass sich die Angehörigen zum Beispiel in einer Friedhofshalle verabschieden können. Manchmal fahren wir aber auch ins Krematorium, wenn der Verstorbene zuvor den Wunsch geäußert hat, verbrannt werden zu wollen", sagt Jens Reipen. Die Asche kommt mit einer Registriernummer, die in einen Stein eingraviert ist, in eine Urnenkapsel. Diese Kapsel wird dann verplombt und kommt in die Schmuckurne.

Was bei einer Urnenbestattung in der Erde nach vielen Jahren übrig bleibt, ist der Stein. "Anhand der eingravierten Nummer lässt sich genau nachvollziehen, wer dort beigesetzt wurde", erklärt der Bestatter, der neben schlichten Urnen bisweilen sogar welche mit Borussia-Raute verkauft. Doch nach der Arbeit muss er abschalten, ein Stück weit Distanz wahren. Er gibt aber zu, dass auch er sich Gedanken macht - über das Sterben und den Moment, in dem auch sein Leben eines Tages enden wird.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort