Jüchen Weitere 1,4 Millionen für Unterkünfte

Jüchen · Gestern Abend beschloss der Rat der Gemeinde Jüchen den Haushalt für das Jahr 2016 - erstmals seit Jahrzehnten ohne Gegenstimme. Ab Ende Januar wird das ehemalige Bürgerhaus Priesterath zu Flüchtlings-Wohnungen umgebaut.

 Seltene Einmütigkeit: Mit den Stimmen aller Ratsmitglieder wurde gestern Abend der Haushalt der Gemeinde Jüchen für 2016 verabschiedet.

Seltene Einmütigkeit: Mit den Stimmen aller Ratsmitglieder wurde gestern Abend der Haushalt der Gemeinde Jüchen für 2016 verabschiedet.

Foto: G. Salzburg

Von einem "historischen Votum" sprach Bürgermeister Harald Zillikens gestern: Der erste Bürger der Gemeinde und seine Verwaltung bekamen für den Haushalt des Jahres 2016 volle Rückendeckung sämtlicher Ratsfraktionen und -mitglieder. Das hatte es, so erinnerte sich Thomas Dederichs (Grüne), seit mindestens 22 Jahren nicht mehr gegeben. Und das, obwohl der Haushalt ein weiteres Mal nachgebessert werden musste: So sieht der Etat nicht nur Mittel für die bereits beschlossene zweite Flüchtlings-Unterkunft an der Jülicher Straße vor, sondern vorsorglich zusätzliche 1,375 Millionen Euro für weiteren Wohnraum, für den Bedarf erwartet wird. Denn ein Ende der Flüchtlingskrise ist nicht abzusehen.

Seit Ende November wurden der Gemeinde wiederum 66 Personen neu zugewiesen, weitere acht werden noch erwartet. Für das kommende Jahr rechnet Zillikens mit mindestens 350 neuen Flüchtlingen, die die Gemeinde unterbringen muss. Aktuell sucht die Verwaltung Wohnplätze für 150-200 Personen, entweder zur Miete oder zum Kauf. "Derzeit laufen zwei Umbaumaßnahmen", informierte der Bürgermeister, der Container-Lösungen wenn irgend möglich vermeiden möchte. Statt dessen, berichtete er, wird beispielsweise ab Ende Januar das ehemalige Bürgerhaus Priesterath für 24 Flüchtlinge umgebaut. In der vergangenen Woche hatte ein Gastronom abgesagt, der die Immobilie ursprünglich hatte betreiben wollen.

Bevor sich die Ratsmitglieder nach ihrer letzten Sitzung im zu Ende gehenden Jahr zum traditionellen Grünkohl zusammensetzten, hörten sie die Haushaltsreden der Partei-Vertreter. Durchgängig lobten sie die Verwaltung dafür, wie sie das Flüchtlingsproblem meistere, und kritisierten den Kreis wegen der Erhöhung der Umlage. Er sei sprachlos angesichts des Umstands, dass sie einen Haushalt planten, ohne Einnahmen und Ausgaben wirklich zu kennen, leitete Thomas Dederichs (Grüne) seinen Redebeitrag ein, und plädierte dafür, in den nächsten Jahren "auf Sicht" zu fahren. Eine "spürbare soziale Kälte" im Haushalt beklagte Thomas Koch (Die Linke), während Heiner Lindgens (Sozial-Ökologische Wahlalternative) vor einer Vernachlässigung des sozialen Wohnungsbaus warnte. Die Gemeinde müsse "die Attraktivität ihres Standorts sozial und wirtschaftlich stärken", mahnte Holger Tesmann, Fraktionsvorsitzender der SPD, an. Seine Partei werde dem Rat Anfang 2016 zu einer "Strategie der Familienfreundlichkeit" ein Arbeitskonzept in verschiedenen Handlungsfeldern vorlegen.

Kritik grundsätzlicher Natur äußerte der FDP-Fraktionsvorsitzende Konrad Thelen und fragte: "Wie selbstbestimmt kann eine Gemeinde Jüchen angesichts der finanziellen Rahmenbedingungen überhaupt noch sein? Was kann die Lokalpolitik überhaupt noch selbst entscheiden?"

Kommunen, die nur geringe Belastungen durch Flüchtlingsbetreuung haben, sollten künftig einen jährlichen Integrations-Soli an die Kommunen zahlen, die der Hilfe bedürfen, schlug Gerolf Hommel (FWG) vor. Und Ralf Cremers, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, lobte, dass sich alle Ratsfraktionen "in Anbetracht der für das Jahr 2016 zu erwartenden Herausforderungen" sehr mit Anträgen zurückgehalten hätten.

(NGZ)
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