Jüchen Ratskeller soll modernes Bio-Café werden

Jüchen · Für den ehemaligen Ratskeller sucht Besitzerin Ellen Ohlmann einen Pächter, der dort ein Bio-Café betreiben möchte. Die Lokalität geht auf den Schirrenbusch oder -hof um 800 zurück. Es ist der einzige erhaltene alte Gasthof im Dorf.

Eine alte Reklame für Hannen-Alt im ehemaligen Ratskeller in Bedburdyck, auf einem Glasfenster verewigt.

Eine alte Reklame für Hannen-Alt im ehemaligen Ratskeller in Bedburdyck, auf einem Glasfenster verewigt.

Foto: Lothar Berns

Voll alter Geschichte und Geschichten steckt der ehemalige Ratskeller in Bedburdyck. Doch Inhaberin Ellen Ohlmann würde das leerstehende Familienerbe allzu gerne wieder aus dem Dornröschenschlaf erwecken. Die 71-Jährige hat den Gasthof und vor allem auch das Dorf Bedburdyck in ihrer Kindheit noch voller Leben in Erinnerung: "Wir waren hier völlig autark. Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen", sagt die pensionierte Grundschullehrerin.

Der alte Gewölbekeller unter der Gaststätte wurde im Krieg zum Schutzraum bei Bombenangriffen.

Der alte Gewölbekeller unter der Gaststätte wurde im Krieg zum Schutzraum bei Bombenangriffen.

Foto: Berns Lothar

Ein Nachbarsjunge sollte für die Schule aufschreiben, wie sich sein Wohnort über die Jahre hin verändert hat. Ellen Ohlmann konnte helfen und setzte ihm flugs eine Liste aus den 50er/60er Jahren auf, die indes immer länger wurde. "Ich habe selbst gestaunt, was es heute hier alles nicht mehr gibt", sagt sie in der Rückschau. Bedburdyck, heute zwar in den Neubaugebieten vorwiegend in seinen Neubausiedlungen ein Zuzugsort für junge Familien, ist mittlerweile ein verschlafenes Dörfchen. "Es gab hier mal drei Gaststätten, zwölf Bauernhöfe, vier Tante-Emma-Läden, einen Metzger, zwei Bäcker, einen Arzt, eine Hebamme, eine Poststelle und das Rathaus gegenüber unseres Ratskellers", zählt Ohlmann auf.

Die Kegelbahn könnte nach Vorstellung von Ellen Ohlmann auch als Ausstellungsgalerie umgebaut werden.

Die Kegelbahn könnte nach Vorstellung von Ellen Ohlmann auch als Ausstellungsgalerie umgebaut werden.

Foto: Berns Lothar

Doch zu Bedburdycks Infrastruktur als Selbstversorger-Dorf gehörten auch zwei Friseursalons, zwei Schuster, zwei Näherinnen, zwei Strumpfstrickerinnen, ein Schuhgeschäft, eine Sattlerei und Lederwarenhandlung, eine Schmiede, ein Textil- und Handarbeitsgeschäft. "Wir hatten im Dorf sogar eine Tankstelle mit Taxibetrieb", erinnert sich die 71-Jährige und komplettiert ihre Aufzählung um eine Kohlenhandlung, eine Gärtnerei, ein Fahrradgeschäft, zwei Getränkeverkaufsstellen und ein Geschäft für Anstreicherbedarf.

Ellen Ohlmann möchte wieder Leben in den Gasthof bringen.

Ellen Ohlmann möchte wieder Leben in den Gasthof bringen.

Foto: Berns Lothar

Neben dem heute ebenfalls leerstehenden Lindenhof mit Fremdenzimmern und der Martinsklause ("Hunstoch"), die abgerissen wurde, gab es den Ratskeller der Familie Breuer, aus der Ellen Ohlmann stammt. Der Lindenhof wird aktuell in ein Wohnhaus umgebaut. Die letzte noch erhaltene alte Wirtschaftseinrichtung gibt es damit im ehemaligen Ratskeller. Dort ist alles so belassen, wie es nach dem Auszug des letzten Pächters war.

Doch Ohlmann hat einen Plan: Ihre Wunschvorstellung wäre ein Bio-Café oder -Bistro im alten Ratskeller: "Wir haben hier so viele Biohöfe, aber auch andere regionale Landwirte, mit denen man wunderbar kooperieren könnte", sagt sie und fügt hinzu: "Viele junge Leute denken doch ökologisch. Es wäre toll, wenn sich ein Pächter fände, der den Gasthof und damit auch das Dorf wiederbeleben würde." Und einen weiteren Wunsch hat sie: "Ich könnte es mit gut vorstellen, Menschen mit Behinderung als Servicekräfte im Café zu beschäftigen." Natürlich müsste der alte Gasthof saniert werden. Damit ließe sich dann aber auch ein denkmalwürdiger Standort in Bedburdyck sichern. Denn das Gehöft mit dem ehemaligen Ratskeller soll als Schirrenbusch im Zusammenhang mit dem Reider- oder Rederhof, der aktuell abgerissen wird, bereits um das Jahr 800 entstanden sein.

In einer Urkunde zu einem späteren Pächterwechsel findet sich dann im Jahr 1708 der Eintrag: In der Bongart stand schon früher eine Wirtschaft", wie Heimatforscher Jakob Bremer dokumentierte. Dort heißt es auch: "Auf Christi Himmelfahrt wurde beim Schirrenwirt das Bruderbier ausgeschenkt." Und wenn es nach Ellen Ohlmann ginge, dann wird vielleicht beim "Schirrenwirt", den ihr Großvater Matthias Breuer 1918 gekauft und in Ratskeller umbenannt hatte, bald auch Bio-Limonade ausgeschenkt.

(NGZ)
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