Schüler verletzt: Nach Messerangriff in Wuppertal – Anklage gegen 17-Jährigen
EILMELDUNG
Schüler verletzt: Nach Messerangriff in Wuppertal – Anklage gegen 17-Jährigen

Jüchen "Neue Mauer wird durch Europa gezogen"

Jüchen · Der Ex-Bundestagsabgeordnete Willy Wimmer fürchtet, dass Lehren aus der Zeit des Kalten Krieges vergessen werden.

 Willy Wimmer war CDU-Bundestagsabgeordneter für Korschenbroich und Jüchen.

Willy Wimmer war CDU-Bundestagsabgeordneter für Korschenbroich und Jüchen.

Foto: Lothar Berns

Wer den unbeschrifteten Klingelknopf an der fensterlosen Haustür in Jüchen drückt, wird von eifrigem Hundegebell begrüßt. Der quirlige Pepper wird aber erst mit Einverständnis des Besuchers aus einem Nebenzimmer geholt. Nach kurzem Schnuppern ist der Parson Jack Russell beruhigt und legt sich auf seine Felldecke im hell eingerichteten Wohnzimmer. "Er muss Menschen immer erst kennenlernen und begrüßen - dann ist er ganz friedlich", sagt Hausherr Willy Wimmer und beschreibt damit vielleicht unbewusst eine Strategie, die er während seiner langjährigen politischen Tätigkeit ebenso verfochten hat: gegenseitiges Kennenlernen und friedliche Gemeinschaft.

Als intensivste Zeit seines Lebens empfindet der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete für Korschenbroich und Jüchen die Wiedervereinigung Deutschlands, insbesondere der ostdeutschen Nationalen Volksarmee (NVA) und der bundesdeutschen Bundeswehr. "Gerade der Zeitraum zwischen 1989 und 1990 war Dynamik pur", erinnert sich Wimmer, "das ist mir präsenter als alles andere. In dieser verantwortlichen Position kam es darauf an, auf Leute zu treffen, die mit uns an einem Strang ziehen wollten. Im Nachhinein kann ich nur sagen, dass die Armee der Einheit ein purer Zufall war."

Im allgemeinen Tumult um Mauerfall und Wiedervereinigung werde die Zusammenführung von NVA und Bundeswehr oft vergessen. Entsprechend begeistert ist Wimmer von der neuen Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte, zu der er als Zeitzeuge beigetragen hat. Unter dem Titel 'Ab morgen Kameraden! Armee der Einheit' beschäftigt sich die Ausstellung im großzügigen Foyer des Hauses mit der friedlichen und historisch zuvor nie dagewesenen Verbindung zweier Armeen. Besonders betont wird der menschliche Aspekt dieser Wiedervereinigung, der Wimmer ebenfalls sehr wichtig ist. "Ich fühle mich dem Haus der Geschichte in Bonn seit Jahren sehr verbunden und um diesen Ort für unsere Geschichte beneiden uns viele Länder", sagt Wimmer. Aber dass man sich jetzt offenbar dazu durchringen konnte, das Besondere an dieser Zusammenführung zu betonen, dass man jetzt mit solch einem wichtigen Thema noch einmal an die Öffentlichkeit geht - da war ich, wie man im Rheinland sagt, platt."

Beeindruckt, sagt Wimmer, habe ihn vor allem die Zusammenstellung und museumspädagogische Umsetzung der komplexen Inhalte. "Es ist sehr komprimiert, aber ich bewundere, was alles zusammengetragen wurde. Es wird zwar auf diesem doch begrenzten Raum nicht die Welt erklärt, aber in jedem Fall ein Zugang geschaffen. Aber das sind auch nur meine persönlichen Gedanken, ich bin kein Museumsgestalter. Natürlich muss man sich bei der Gestaltung dem Besucherinteresse beugen." In seinem aktuellen Buch "Die Akte Moskau" geht Wimmer auch auf einige Aspekte ein, die bei der Ausstellungseröffnung ebenso von Politologe Horst Teltschik, ehemals Berater Helmut Kohls und Leiter der Münchener Sicherheitskonferenz, betont wurden. "Als ich durch den Ausstellungsraum ging, war die Filmrolle sofort wieder in meinem Kopf", erinnert sich Wimmer, "die Ereignisse kamen von jetzt auf gleich zurück. Und ich fragte mich, ob wir das Erbe von damals gnadenlos verschleudert haben. Denn eine Diplomatie auf Augenhöhe mit Russland findet nicht statt. Panzer vor St. Petersburg - es hat sich nicht viel geändert. Amerikanische und angelsächsische Interessen, ich sage nur Brexit, werden verfolgt und wir hecheln hinterher. Es wird eine neue Mauer durch Europa gezogen und wir sind wieder da, wo wir 1989 aufgehört haben."

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort