Jüchen Hof aus dem Jahr 800 wird abgerissen

Bedburdyck · Der Rederhof ist einer der ältesten Höfe in der Gemeinde Jüchen. Er steht aber nicht unter Denkmalschutz und wird jetzt wegen Baufälligkeit abgerissen. Die Besitzerin soll verfügt haben, dass er nicht vor ihrem Tode angetastet werden darf.

Der Rederhof in Bedburdyck wird jetzt abgerissen: "Zum großen Kummer der Besitzerin Katharina Gilles und des gesamten Dorfes: Ganz Bedburdyk bedauert, dass der Hof abgerissen wird", sagt Hermann-Josef Sandkaulen. Er sei traurig, dass der Hof nicht rechtzeitig unter Denkmalschutz gestellt worden sei, beklagt der Nachbar, der die mittelweile 92-jährige Besitzerin auch heute noch im Pflegeheim besucht. "Käthchen hat sogar beim Notar unterschrieben, dass der Hof nicht vor ihrem Tode abgerissen werden darf. Meine Frau war dabei", sagt Sandkaulen.

Als Katharina Gilles, die im Dorf als "Küppers Käthchen" bekannt sei, vom Abriss ihres Hofes gehört habe, sei sie äußerst unglücklich geworden: "Sie hat tagelang nichts mehr gegessen und immer wieder gesagt: Jetzt habe ich meine Heimat verloren", berichtet Sandkaulen.

Die Besitzerin des Rederhofes steht nach Auskunft ihres Nachbarn unter Betreuung. Ihr Betreuer habe dem Abbruch zugestimmt, will Sandkaulen erfahren haben. Auf Nachfrage unserer Redaktion telefonisch und schriftlich war vom Betreuer der alten Dame aber keine Stellungnahme zu erhalten. Sie selbst war gestern im Pflegeheim nicht zu sprechen: Sie habe zum Arzt gemusst und generell einen schlechten Tag, hieß es vom dortigen Pflegedienst.

Der ursprüngliche Rederhof, damals noch als Reiderhof oder Reerhof bezeichnet, soll übrigens im Jahr 800 erbaut worden sein, wie der Heimatforscher Jakob Bremer in seinem mittlerweile vergriffenen Buch "Die reichsunmittelbare Herrschaft Dyck der Grafen und jetzigen Fürsten zu Salm-Reifferscheidt" nachgewiesen hat. Seit 1300 habe der Hof als Lehnbesitz der Herrschaft von Dyck unterstanden. Er hatte ursprünglich 500 Morgen Land. Erst 1794 wurde er durch Aufhebung des Lehneigentumes freies Land. Unter Denkmalschutz ist das historische Gehöft allerdings nicht gestellt worden. Dazu hätte es der Initiative von außen bedurft. Die Gemeinde prüft jetzt, weshalb dies nicht geschehen ist. Für den Abriss des Hofes gibt es eine amtliche Anordnung durch den Rhein-Kreis Neuss, wie von dem mit dem Abbruch beauftragte Unternehmen zu erfahren war. Der alte Hof sei einsturzgefährdet.

Auf einem Warnschild an der alten Holztüre mit dem verzierten eisernen Türklopfer steht: "Betreten verboten, Lebensgefahr!!!!!!" - tatsächlich mit sechs Ausrufezeichen. Nach Auskunft der Abbruchfirma ist der alte Hof bereits entkernt worden. Zunächst sollen die rückwärtigen Gebäudeteile abgerissen werden. Als Letztes sollen dann die Fassade und die Toreinfahrt, die unmittelbar an die Gierather Straße angrenzen, dem Abrissbagger zum Opfer fallen. An der Stelle des Hofes sei vorerst noch kein Neubauvorhaben geplant, heißt es von der Firma VT-Projektbau.

Leere Fensterhöhlen künden bereits vom Fortschritt der Abbrucharbeiten. Von der Straße aus ist zu erkennen, dass der historische Rederhof noch über eine der seltenen Kölner Decken verfügt. Diese Deckenkonstruktion aus dem rheinischen Frühbarock gab es eher in Kölner Patrizierhäusern - und eben auch in Schloss Dyck, wo sie allerdings mit Stuck verziert wurden. Im Rederhof ist die Kölner Decke ohne Stuck, aber mit verputzten halbrunden Balken in der typischen, historischen Form erhalten, aber nur noch bis zum endgütigen Abbruch vielleicht schon in wenigen Tagen.

(NGZ)
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