Jüchen Flüchtlinge schreiben an Ministerpräsidentin

Jüchen · In einem offenen Brief unter anderem an Hannelore Kraft verurteilen Flüchtlinge die Straftaten in der Kölner Silvesternacht.

 Flüchtlinge aus Hochneukirch mit ihrer ehrenamtlichen Deutschlehrerin Gertrud Peltzer wehren sich gegen eine Generalverurteilung von Asylbewerbern nach den Straftaten in der Silvesternacht in Köln.

Flüchtlinge aus Hochneukirch mit ihrer ehrenamtlichen Deutschlehrerin Gertrud Peltzer wehren sich gegen eine Generalverurteilung von Asylbewerbern nach den Straftaten in der Silvesternacht in Köln.

Foto: Asylkreis Hochneukirch

80 Flüchtlinge leben in Hochneukirch - und seit der Silvesternacht zunehmend in Angst: "Sie merken, dass die Leute reservierter sind, und sie haben große Angst, dass die Stimmung umschlägt", berichtet Rolf Heimann, Sprecher des Asylkreises Hochneukirch. Ihrer Sorge geben die Flüchtlinge als Reaktion auf die Straftaten durch Asylbewerber in der Silvesternacht in Köln jetzt in einem offenen Brief Ausdruck. Den haben sie an den Bürgermeister von Jüchen, die Oberbürgermeisterin von Köln und die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen geschickt.

Viele Flüchtlinge sorgten sich, so Heimann, jetzt auch umso mehr um die Familienzusammenführung: "Es gibt da anrührende Schicksale, wie zum Beispiel der 22-jährige Flüchtling, der hier für seinen zehnjährigen Bruder sorgen, eine Wohnung finden und Deutsch lernen muss. Seine Eltern und die vier weiteren Geschwister sitzen aber in der Türkei fest", berichtet Rolf Heimann.

In dem offenen Brief schreiben die Flüchtlinge aus Hochneukirch nun: "Wir Flüchtlinge verurteilen die Angriffe, insbesondere die Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln sowie die dort stattgefundenen Raubdelikte aufs Schärfste. Wir bedauern, dass Frauen in ihrer Ehre und körperlich verletzt wurden. Wir hoffen, dass die Verursacher dieser kriminellen Aktionen gefunden und bestraft werden. Unsere eigenen kulturellen Werte wurden durch diese kriminellen Aktionen mit Füßen getreten. Wir achten und respektieren die demokratischen Regeln und Gesetze der Bundesrepublik Deutschland. Selbstverständlich respektieren wir auch die Rechte der Frauen auf Selbstbestimmung. Wir haben Interesse am friedvollen Zusammenleben mit allen Bürgern im gegenseitigen Respekt. Wir bedanken uns bei allen Menschen in Deutschland, bei den Frauen und Männern, die ehrenamtlich arbeiten, bei den Verantwortlichen in der Politik für alle Hilfe, die sie uns bislang erwiesen haben. Wir bemühen und um Integration."

Dass dies nicht nur Worte sind, wollen die Flüchtlinge auch unter Beweis stellen. Denn sie bereiten sich derzeit auf die A1-Prüfung für die deutsche Sprache vor dem Goethe-Institut vor. Die ehrenamtliche Deutschlehrerin des Asylkreises, Gertrud Peltzer, unterrichtet die Fortgeschrittenen-Gruppe.

Außerdem erteilt sie Alphabetisierungskurse beispielsweise für arabische Flüchtlinge, die die lateinische Schrift zuerst erlernen müssen. Und sie vermittelt den Flüchtlingen in drei Kursgruppen Basiskenntnisse in der deutschen Sprache. "Diese Kurse sind so wichtig, weil die Flüchtlinge sonst erst mit ihrem Bleibestatus versuchen können, einen Platz im Integrationskursus in Neuss oder Mönchengladbach zu bekommen. Aber da gibt es lange Wartelisten", betont Heimann, der mit den Flüchtlingen hofft, dass der Brief Beachtung findet.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort