Familie März aus Jüchen Der Sohn brennt für die Musik, der Vater als Stuntman

Jüchen · Walter März ist Stuntman und liebt seinen Beruf. Sohn Daniel fühlt sich aber in einer ganz anderen Welt als sein Vater zu Hause: Der 18 Jahre alte Gitarrenvirtuose will Musiker werden. Ein Portrait über eine besondere Familie.

Vater Stuntman, Sohn Musiker: Familie März aus Jüchen
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Die verrückte Familie März aus Jüchen

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Wie der Vater, so nicht (!) der Sohn: Das trifft auf Familie März aus Jüchen zu. Aus einem musikalischen Elternhaus stammt Daniel März eher nicht. Da geht es sportlich zu: "Mein Vater ist Stuntman", sagt er und ruft damit zunächst einal Erstaunen hervor. Denn während Vater Walter sein Geld als Stuntman verdient, ist der 18-jährige Sohn Daniel auf dem besten Weg, ein Gitarrenvirtuose zu werden. Schon mit neun Jahren zeigte sich das ausgeprägte musische Talent bei Daniel, in dessen Familie er der einzige mit dieser Anlage ist. Sein Großvater hatte ihn auf einem Keyboard ein wenig "klimpern" lassen und ihn gefragt, ob er ein Instrument erlernen wolle: "Ich war zwar erst neun Jahre alt, aber ich wusste, dass man eine Gitarre überall mit hinnehmen kann", erzählt März.

Nun steht er kurz vor dem Abitur. Deshalb übt er aktuell mehr für die Schule als für sein angestrebtes Gitarrenstudium: Ab April will er sich dann ein ganzes Jahr lang auf die ungeheuer schwere Aufnahmeprüfung bei der Musikhochschule Köln vorbereiten. Eine Durchfallquote von 95 Prozent sei bei der Aufnahmeprüfung normal, sagt er. Schließlich gebe es jedes Jahr bis zu 40 Bewerber aus der ganzen Welt auf die gerade mal zwei Studienplätze für Gitarre in Köln. Da hat Daniel einiges vor sich.

Doch schon in jungen Jahren hat er auch die positive Wirkung der Musik auf das Lernen generell erfahren: "Früher war ich kein besonders guter Schüler. Ich hatte sogar nur eine Hauptschulempfehlung. Nachdem ich mit dem Gitarrenspiel begonnen hatte, sind auch meine Schulnoten immer besser geworden", berichtet der angehende Abiturient. Die Musik habe ihm Selbstdisziplin beigebracht: "Musik ist Gehirntraining pur", bestätigt Arne Harder, mit dem Daniel März seit dem vergangenen Jahr eine Konzertreihe und nun erstmals auch einen internationalen Gitarrenwettbewerb in Jüchen veranstaltet. Seitdem er Gitarre spiele und täglich mehrere Stunden übe, habe er auch in der Schule einen großen Motivationsschub erlebt, berichtet März.

Mit seinen 18 Jahren kann Daniel März schon auf eine bewegte, musikalische Vita zurückblicken. Er war Preisträger beim Bundeswettbewerb "Jugend musiziert", bekam den ersten Preis sowie einen Sonderpreis beim "Internationalen Karl-Adler-Musikwettbewerb". Er gewann einen ersten Preis sowie einen Sonderpreis beim Jugendwettbewerb Gevelsberg für Gitarrenensembles. Er gab vielzählige Konzerte im In- und Ausland, besuchte Meisterkurse bei namhaften Professoren. Und Daniel März unterrichtet bereits erfolgreich, hat einige Schüler bereits wettbewerbs-fit für "Jugend musiziert" gemacht. Seit 2013 spielt Daniel März außerdem im "Quartett Rheinsaiten" und in dem Duo "Duo Chitarrolina". Mit der Konzertreihe "Jüchener Gitarrenkonzerte" gewann er 2015 den "Deutschen Bürgerpreis" im Rhein-Kreis Neuss in der Kategorie U21. Um sich noch zu steigern, will er, wenn er mit den Abiturarbeiten durch ist, täglich fünf bis sechs Stunden Gitarre für die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule üben.

So wie der Sohn, so hat natürlich auch der Vater eine Homepage. Bei Stuntman Walter März liest sich die Vita auf besagter Seite nicht nur anders als bei seinem Sohn. Sie weicht auch von den Lebensdaten der meisten anderen Menschen ab. Die Vita des Stuntman ist so etwas wie ein Steckbrief, so abgefasst, dass gewollte Ähnlichkeiten mit den Schauspielern, die er doubeln soll, sofort in den Blick springen: "Größe 178 cm, Gewicht 86 kg, Kopfumfang 59, Handschuhe L, Schuhgröße 44...".

Der 40-jährige Walter März wurde in Kaschastan geboren und kam 1992 mit seinen Eltern nach Deutschland. Er machte in Münster Abitur und wollte eigentlich Sport studieren oder auf die Polizeiakademie: "Dann bekam ich von einem Freund einen Tipp und bin nach Düsseldorf zur Ausbildung als Stuntman gegangen", erzählt er. Das war 1995, als er auch seine spätere Frau kennenlernte: "1996 haben wir geheiratet, und 1997 kam unser Sohn Daniel", erinnert er sich strahlend.

15 Jahre lang war März als Stuntman bei der Düsseldorfer Firma unter Vertrag, gleichzeitig baute er ein Haus in Jüchen, machte eine Ausbildung und sogar den Meisterbrief. "Als Industriemeister könnte ich jederzeit auch einen normalen Job annehmen", sagt er. Aber er sei als Stuntman mit drei bis vier Drehterminen pro Woche voll ausgelastet, berichtet der 40-Jährige, der seit 2008 eine eigene Firma hat.

Ernsthaft verletzt habe er sich noch nie: "Ich habe mir auch noch nie etwas gebrochen. Wir sind ja eigentlich für die Sicherheit am Drehort zuständig. Das wissen nur die wenigsten", sagt Walter März und führt seine Ausrüstung für seine spektakulären Feuereinsätze vor: Wenn sich der Stuntman komplett in Brand setzen lässt, dann trägt er schwer entflammbare Unterwäsche, wie die Formel 1-Fahrer, darüber Brandschutzkleidung und dann erst das Kostüm des jeweiligen Schauspielers. Gesicht und Haare imprägniert er dick mit einem Feuerschutz-Gel. Der Rest sind Nerven und ein perfektes Timing: 40 Sekunden hält seine Montur die Flammen ab. Dann wird es höchste Zeit, dass sein Team die Feuerlöscher auf ihn richtet. "Meine Brandschutzkleidung hält bis zu 2000 Grad aus", sagt der Stuntman, der seit seiner Jugendzeit sehr viel Kampfsport getrieben hat.

Das zahlt sich aus: "Ich könnte theoretisch bis zu meinem 70. Lebensjahr als Stuntman arbeiten. Aber ich werde noch fünf bis sieben Jahre Stunts machen und dann nur noch das Organisatorische in meiner Firma übernehmen", sagt er. Bis dahin wird es bei Familie März noch sehr oft heißen: "Vater dreht gerade wieder!" Denn die bekannten Action-Serien wie "Alarm für Cobra 11", "Der Clown" oder "Lasko", aber auch der "Münster-Tatort" oder die Szenen für "Schneller als die Polizei erlaubt" wären nicht möglich ohne Walter März aus Jüchen und seine Crew. Das wissen auch die Schauspieler, Stars und Sternchen. Und manchmal darf März auch Comedians wie Guido Cantz oder Bülent Ceylan doubeln: Dann "wachsen" ihm urplötzlich wasserstoffblonde oder lange schwarze Haare.

(NGZ)
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