Jüchen Auf Tagebau sollen Gewerbeflächen folgen

Jüchen · Jüchen sorgt sich, ob RWE die Rekultivierung bis 2045 bezahlen kann. Die Gemeinde benötigt Flächen für neue Arbeitsplätze.

 Der kommissarische CDU-Vorsitzende Sebastian Heckhausen (2.v.l.) hatte Kreisdirektor Dirk Brügge und Bürgermeister Harald Zillikens zum Thema "Die Zukunft der Rheinischen Braunkohle" eingeladen.

Der kommissarische CDU-Vorsitzende Sebastian Heckhausen (2.v.l.) hatte Kreisdirektor Dirk Brügge und Bürgermeister Harald Zillikens zum Thema "Die Zukunft der Rheinischen Braunkohle" eingeladen.

Foto: Lothar Berns

15.000 Arbeitsplätze gehen mit der Einstellung des Braunkohle-Tagebaus verloren: "Unsere Aufgabe ist es deshalb, die ehemaligen Tagebauflächen so zu entwickeln, dass diejenigen, die Ideen haben, ihre Investitionsmöglichkeiten hier möglichst frei entwickeln können", betonte Kreisdirektor Dirk Brügge jetzt bei einer offenen Mitgliederversammlung der CDU Jüchen. Brügge sieht einen Wettbewerbsnachteil auf die Region zukommen, wenn nach Aufgabe der Kohlekraftwerke künftig der Strom über teure Leitungen von der Nordseeküste aus die Industrie im Rhein-Kreis Neuss versorgen müsse.

Diese Leitungen, die laut Brügge über einen 40 Meter breiten Korridor in die Erde verlegt werden und zur Erwärmung des Bodens beitragen, "kommen den Bauern gar nicht gelegen", weiß der Kreisdirektor. Brügge hofft unter dem Stichwort "Regionale" auf Förderinstrumente vom Land bei der Begleitung des Strukturwandels auch in Jüchen.

Bürgermeister Harald Zillikens würde nach eigenem Bekunden, die "Leitentscheidung" zum Tagebau oftmals gerne mit d schreiben (Leidentscheidung). Er drückte vor dem CDU-Gemeindeverband seine Sorge aus, dass RWE wegen seiner bereits jetzt spürbaren wirtschaftlichen Schwierigkeiten, den Strukturwandel womöglich nicht so begleiten könne, wie es beabsichtigt und notwendig sei: Er mache sich Sorgen, ob die Rekultivierung der A 61, aller Land- und Kreisstraßen auf Jüchener Gebiet auch tatsächlich gelingen werde: "Und was geschieht, wenn RWE das nicht mehr zahlen kann?", fragte Zillikens und verwies auf die Tatsache, dass dieser Energieversorger bereits seit einigen Jahren als bis dahin größter Gewerbesteuerzahler auch für die Gemeinde Jüchen weggebrochen sei.

Schließlich müsse RWE bis 2045 ein Areal von 400 Millionen Tonnen weggefräster Erde rekultivieren, verdeutlichte Zillikens, der deshalb die unbeantwortete Frage in den Raum stellte: "Und wenn RWE das wirtschaftlich nicht mehr kann, wer bezahlt es dann?" Zwar argumentiere die Landes-SPD mit einem sozialverträglichen Abbau von Arbeitsplätzen im Tagebau, erinnerte Zillikens, fügte aber hinzu: Egal, ob sozialverträglich, damit seien hoch qualifizierte Arbeitsplätze unwiederbringlich weg. Auch Zillikens setzt seine Hoffnung, so wie Brügge, einerseits auf Förderprogramme, wie das der "Innovationsregion Rheinisches Revier". Er kritisiert aber auch: "Bisher gab es dazu viel heiße Luft." Und bei der Förderung durch die Regionale müsse der Rhein-Kreis Neuss aufpassen, dass die Region Aachen nicht den kompletten Rahm abschöpfe. Hoffnung setzt Zillikens in den geplanten Zweckverband zur Entwicklung der Tagebauregion gemeinsam mit den Städten Titz, Erkelenz und Mönchengladbach. "Wir wollen selbst agieren und nicht nur zusehen", betonte der Jüchener Bürgermeister. Ihm gehe es dabei auch darum, ein Umfeld anstelle des Tagebaus Garz-weiler zu entwickeln, das nicht nur aus Landwirtschaft bestehe. "Die rekultivierte Fläche hat sonst den Charme der früheren LPG-Flächen in der DDR", verdeutlichte Zillikens. Jüchen brauche aber zusätzliche Gewerbeflächen mit Arbeits- und Ausbildungsplätzen.

Einig waren sich Zillikens und Brügge in der Einschätzung, wie die Bevölkerung auf eine weitere Umstellung von Kohle auf Windenergie reagieren würde: "Windkraft ist keine Alternative zu Kohle, weil sie zwar jeder will, aber nicht vor der eigenen Haustüre", fasste Kreisdirektor Brügge die Problematik zusammen.

(NGZ)
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