Hückeswagen Zwangsarbeiter haben wieder Namen

Hückeswagen · Gut 70 Jahren lang lagen auf dem Ehrenfriedhof in Voßhagen 44 Menschen aus Osteuropa, deren Namen nicht bekannt waren. Die Bergische Zeitgeschichte hat sie inzwischen recherchiert, nun wurden individuelle Grabplatten erstellt.

 Waren die Gräber der Kriegsgefangenen und der Zwangsarbeiterin in Voßhagen lange Jahre anonym, wurden nicht nur die Namen der Verstorbenen recherchiert. Die Gräber erhielten jetzt auch Grabsteine mit den Daten der Toten.

Waren die Gräber der Kriegsgefangenen und der Zwangsarbeiterin in Voßhagen lange Jahre anonym, wurden nicht nur die Namen der Verstorbenen recherchiert. Die Gräber erhielten jetzt auch Grabsteine mit den Daten der Toten.

Foto: Moll

Konstantin Samarin ist einer der 43 sowjetrussische Kriegsgefangene, die zwischen dem 2. Dezember 1941 und dem 30. April 1942 in Einzelgräbern in Voßhagen bestattet wurden. Ebenso fand dort eine aus der Ukraine stammende Zwangsarbeiterin ihre letzte Ruhestätte. 73 Jahre lang wusste die Familie von Konstantin Samarin (s. Infokasten) nichts über sein Schicksal. Letztlich war es der Verein Bergische Zeitgeschichte (BZG), der Licht ins Dunkle bringen konnte.

Zehn Jahre lang recherchierten die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Hammerstein die Biografien der russischen Soldaten, die neben der Friedenskapelle Voßhagen begraben liegen. Im Februar 2014 wurden die Ergebnisse dem Freundeskreis Friedenskapelle überreicht. Bereits wenige Monate später stand Svetlana Komissarova aus Moskau am Grab von Konstantin Samara: Über das Internet und schließlich die von der BZG veröffentlichten Namen und Personalakten aller 43 Kriegsgefangenen war sie auf den Verbleib ihres Großvaters aufmerksam geworden.

Bei ihrem ersten Besuch hatte die Moskauerin einen Grabstein samt Foto mitgebracht, der seitdem das Grab ihres Großvaters ziert. Im Mai 2015 war sie erneut in Voßhagen. Über das Internet hatte die Russin weitere Vermisste auf dem Friedhof nahe der Wupper-Talsperre entdeckt und deren Angehörigen informiert. Zudem nahm sie Kontakt zum historischen Verein Ar.kod.M. (Arnsberger russische Kriegsopfer Memorial) aus Dortmund auf, der ihr bei ihrem ersten Besuch schon geholfen hatte. Dessen Mitglieder versahen voriges Jahr drei weitere Gräber mit Platten, in die in kyrillischer Schrift die Namen der Verstorbenen gemeißelt wurden.

Nun wurden auch die übrigen 40 Gräber mit Grabplatten in den Maßen 38,5 mal 35 mal 4 Zentimeter versehen; ein darauf spezialisierter Steinmetz hat die kyrillischen Eingravierungen vorgenommen. Bei einer Begehung am 19. April vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Ar.kod.M und Bernhard Guski - der Voßhagener Künstler ist Vorsitzender des Freundeskreises Friedenskapelle - war festgelegt worden, dass jedes Grab mit einer individuellen Tafel mit Namen, Geburtsjahr und (soweit nachweisbar) Sterbedatum versehen werden sollte. Die Gesamtkosten in Höhe von 4800 Euro waren von der Bezirksregierung Köln aus dem Topf für Instandsetzung von Kriegsgräbern finanziert worden.

An der viel befahrenen Kreisstraße zwischen Wiehagen und Engelsburg geht's hinter dem "Starenkasten" rechts Richtung Steffenshagen und Dürhagen ab. Das Schild des Volksbunds mit seinen fünf schwarzen Kreuzen an der Einmündung macht auf die Kriegsgräberstätte aufmerksam. Die Kriegsgefangenen waren im Lager Hammerstein, wie aus den von Hückeswagener und Radevormwalder Ärzten ausgestellten Totenscheinen in den Sterberegistern hervorgeht, in der Mehrzahl an "Croupöser Pneunomie", also an Fleckfieber verstorben. Andere Todesursachen sind als Wassersucht, Suizid und Erschießung nach Fluchtversuch dokumentiert. Nach der Einweihung der Friedenskapelle Voßhagen im Oktober 1986, mit ihrem Standort unmittelbar an den Gräbern, war das Hintergrundwissen um die Schicksale der dort Beigesetzten erheblich in den Vordergrund gerückt worden.

Inzwischen ist unter anderem über die konkrete Forschungsarbeit der BZG viel Licht in das Dunkel der persönlichen und militärdienstlichen Lebensdaten der in Voßhagen Bestatteten gebracht worden. Nach Öffnung der Archive haben sich in Russland sogar familiäre Bindungen feststellen lassen.

(rt)
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