Isabel Bever "Weitere Steuererhöhungen nicht geplant"

Hückeswagen · Hückeswagen hat große Investitionen für Schulentwicklung und Brandschutz vor der Brust. Kämmerin Isabel Bever, die mit ihrem Team derzeit den Haushaltsentwurf für 2017 erstellt, glaubt, dass liebgewonnene Leistungen der Stadt leiden werden.

Wie gut oder schlecht geht es der Stadt finanziell zurzeit?

Bever Ich definiere das "Gutgehen" so, dass die Erträge auskömmlich sind zur Deckung der Aufwendungen für unsere Aufgabenerfüllung - und das verbunden mit der reellen Möglichkeit, Schulden abzubauen. Davon sind wir leider weit entfernt. Schlimmer ist dann noch, dass wir keinesfalls ein Einzelfall sind und es vielen Städten in NRW noch deutlich schlechter geht.

Wie ist die aktuelle Prognose bis zum Jahresende im Vergleich zum Haushaltsansatz 2016?

Bever Das Jahr ist noch nicht zu Ende. Häufig verändert sich das Jahresergebnis aufgrund erforderlicher Rückstellungen. Diese müssen im Jahresabschluss etwa für zukünftige Verpflichtungen gebildet werden. Das ist noch offen. Im Rahmen unserer originären Haushaltsbewirtschaftung, also bei allen Positionen, die direkt von der Stadt gesteuert werden, liegen wir aber völlig im Plan.

Wie sieht die Entwicklung des städtischen Eigenkapitals aus?

Bever Aufgrund der schon lange andauernden Unterfinanzierung sinkt das Eigenkapital weiterhin. Allerdings verfügt die Schloss-Stadt nach den Plandaten auch noch am Ende des Haushaltssicherungskonzepts über Eigenkapital.

Wie stellt sich die Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen dar? Gibt es in diesem Jahr höhere Einnahmen?

Bever In Hückeswagen stagniert die Gewerbesteuer, wir werden nach jetzigen Erkenntnissen das Planergebnis aber knapp erreichen. Somit ist unsere eigene Steuerkraft - aus Grund- und Gewerbesteuern und den "kleinen" Gemeindesteuern - leider nicht besonders sensationell. Das ist in anderen Kommunen in diesem Jahr deutlich besser. In Hückeswagen führt das aber auch zu relativ stabilen Zuweisungen vom Land, und: Wir sind keine Empfängerkommune, aber eben auch keine Zahler im Rahmen des Stärkungspaktes. Das muss man also in diesen Zusammenhängen differenziert bewerten. Das Glas ist also halb voll.

Wir wirkt sich die aktuelle Flüchtlingssituation auf die städtischen Finanzen aus? Lässt sich alles finanziell stemmen?

Bever Unsere Planungen für 2016 waren vor dem Hintergrund der Entwicklungen im vorigen Jahr deutlich pessimistischer, als es nun tatsächlich eingetreten ist. Ich erwarte künftig eine Vollkostenerstattung durch das Land, bei dem auch die Kosten der Integration nicht vergessen werden. Aber unbezahlbar ist die Leistung unserer Bürgerinnen und Bürger, durch deren ehrenamtliche Hilfe sehr viel mehr geschieht, was ansonsten gar nicht zu realisieren wäre.

Was sind die größten Ausgaben beziehungsweise Investitionen, die die Stadt vor der Brust hat? Und wie lassen diese sich stemmen, ohne den Haushaltsausgleich zu gefährden?

Bever In den kommenden Jahren gilt es, die Schullandschaft bedarfsgerecht und wirtschaftlich weiter zu entwickeln und die nötigen Investitionen einzuplanen. Außerdem ist der Feuerschutz mit hohen Investitionen verbunden. Beides wirkt sich direkt auf die Lebensqualität und Sicherheit in Hückeswagen aus. Die daraus resultierenden Belastungen müssen im Rahmen der Planungen aufgefangen werden. Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass die Infrastruktur im Bereich der Straßen und Gebäude nicht über Gebühr leidet - das wäre auch nur ein Sparen zulasten der Zukunft und "Schönfärberei". Diese Belastungen müssen getragen werden.

Das dürfte aber Konsequenzen haben.

Bever Das wird unter Umständen dazu führen, dass andere liebgewordene Leistungen der Stadt leiden werden. Es wird daher Prioritäten und Kompromisse brauchen. Diese Fragen werden in dem gebotenen gesellschaftlichen und politischen Dialog zu entscheiden sein.

Werden aktuell alle Kriterien und Vorgaben des Haushaltssicherungskonzepts erfüllt?

Bever Absolut! Unser Haushaltssicherungskonzept ist fundiert und spiegelt nachvollziehbare Entwicklungen.

Müssen sich die Hückeswagener auf weitere Steuererhöhungen einstellen?

Bever Weitere Steuererhöhungen, die über das aktuelle HSK hinausgehen, sind nicht geplant.

Gibt es durch höhere Steuereinnahmen mehr Spielraum für freiwillige Leistungen?

bever Die bisher eingeplanten Erhöhungen dienen ausschließlich der Konsolidierung, sind also die unbedingt erforderliche "Finanzspritze". Diese "Dosierung" wurde ermittelt nur auf der Basis der aktuellen Leistungen bei gleichzeitiger Absenkung von Standards und einem reduziertem Personalbestand. Das Korsett ist also sehr eng geschnürt. Daher ergeben sich daraus keine weiteren Spielräume mehr. Wer jetzt mehr will, muss auch sagen, wie die Finanzierung erfolgen kann.

STEPHAN BÜLLESBACH STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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