Bundestagswahl Nachlese Wahlsieger in gebremster Feierlaune

Hückeswagen · Die CDU stellt den Wahlsieger in Oberberg. Die Stimmung ist aber gedämpft. Michaela Engelmeier (SPD) hat es nicht geschafft.

 So sieht der Sieger aus: Carsten Brodesser im Kreise seiner Familie.

So sieht der Sieger aus: Carsten Brodesser im Kreise seiner Familie.

Foto: W. Scholl

Es war schon das zweite Mal in diesem Jahr, dass sich die Junge Union im Kreishaus spontan zum gemischten Chor formierte: "So sehen Sieger aus...", stimmte der CDU-Nachwuchs, einheitlich in orangefarbene T-Shirts gekleidet, an. Das klang nicht schön, war aber laut. Und Carsten Brodesser, dem das Lied galt, präsentierte sich denn auch als strahlender Sieger. Eher ernst guckten seine Begleiter: Peter Biesenbach, für den die Junge Union das gleiche Lied am Abend der Landtagswahl im Mai gesungen hatte, und Klaus-Peter Flosbach, der als langjähriger Bundestagsabgeordneter den Weg frei gemacht hatte für Brodesser. Die enormen Stimmenverluste der Unionsparteien auf Bundesebene hatten die Feierlaune getrübt. "Zum Jubeln ist kein Anlass", sagte Biesenbach. Für die Regierungsbildung gebe es keine Alternative zur "Jamaika-Koalition" - "eine ungemein schwierige Aufgabe", sagte der Landespolitiker und NRW-Justizminister aus Hückeswagen. Dass die Koalition aus CDU, Grünen und FDP für ihn alles andere als seine persönliche Wunschkonstellation ist, war offensichtlich. Aber Politik ist kein Wunschkonzert: "Wir müssen uns dieser Aufgabe stellen", sagte Biesenbach.

Flosbach sieht es ebenso. Blickt er an diesem Abend auch mit Wehmut zurück auf seine lange Zeit als Bundestagsabgeordneter? Flosbach verneint das: "Bei mir überwiegt die Freude, dass wir einen fließenden Übergang geschafft haben, Brodesser und ich sind auf einer Linie." Traurig sei er nicht über seinen Abschied von Berlin, den er ja selbst gewollt habe: "Ich werde im Januar 66 Jahre alt, da wird es Zeit für neue und jüngere Leute. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel, ich habe mich darauf vorbereitet."

Auch für Michaela Engelmeier steht fest, dass sie kein zweites Mal für die SPD in den Bundestag einziehen wird. Nach dem klaren Sieg von Brodesser bei den Erststimmen hätte das SPD-Bundesvorstandsmitglied ein zweites Mal über die Landesliste in den Bundestag einziehen können. In NRW hat aber nur noch der Listenplatz 17 gezogen, Engelmeier lag auf Platz 20. Die 56-Jährige erklärte am Sonntagabend in Gummersbach, dass das Demokratie sei und sie vielleicht wieder in ihren alten Beruf als Erzieherin einsteigen würde. "Dann gehe ich halt wieder arbeiten", sagte sie. Zu resignieren, das sei nicht ihre Art. "Wir müssen aber einen Weg finden, den Wähler wieder zu erreichen." Gestern Morgen war sie bereits wieder in Berlin bei einer langen Sitzung des SPD-Parteivorstandes.

Brodesser war der Einzige aus dem CDU-Spitzentrio, der strahlte und einräumte: "Ich kann es noch gar nicht richtig glauben." Dass sein Erststimmen-Ergebnis noch einmal deutlich besser ist als das Wählervotum für die Partei, freute den Politiker aus Lindlar. "Ich bin sehr froh, sehr glücklich - und sehr müde nach diesem langen Wahlkampf."

Gestern wollte er eine Stunde länger schlafen und morgen als Wahlsieger nach Berlin reisen. "Ich kann nicht zaubern", sagte er, "aber ich kann und will meinen Beitrag dazu leisten, auch die ländlichen Gebiete nach vorne zu bringen".

(bn)
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