Hückeswagen Strukturen müssen der Seelsorge dienen

Hückeswagen · In seinem ersten Fastenbrief hat der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki grundlegende Veränderungen im Gemeindeleben angekündigt. Pfarrer Marc D. Klein vom Seelsorgebereich Radevormwald-Hückeswagen erläutert sie.

 Firmung in der Pfarrkirche im November 2004 - mit dem damaligen Weihbischof Rainer Woelki. Jetzt ist er Erzbischof von Köln und kündigt einschneidende Veränderungen in der Gemeindestruktur an.

Firmung in der Pfarrkirche im November 2004 - mit dem damaligen Weihbischof Rainer Woelki. Jetzt ist er Erzbischof von Köln und kündigt einschneidende Veränderungen in der Gemeindestruktur an.

Foto: Hans dörner (archiv)

Die katholischen Christen müssen sich auf grundlegende Veränderungen in der Gemeindestruktur einstellen. Sinkende Mitgliederzahlen sowie geringere Einkünfte zwingen das Erzbistum zum Handeln. Das hat der neue Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, in seinem ersten Fastenbrief angekündigt.

Interessiert verfolgte Pfarrer Marc Dominikus Klein vom Seelsorgeverband Radevormwald-Hückeswagen die Ausführungen, die unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeit an der Basis in den Gemeinden hat. "Es besteht die Gefahr, dass wir uns auf uns selbst zurückziehen und uns als Kerngemeinde nur noch um Dinge kümmern, die schon immer so gelaufen sind", sagt Klein im Gespräch mit der BM. Die Christen dürften sich nicht um sich selbst drehen und sich von außen vom Verkündigungsauftrag ablenken lassen.

Ob Strukturdebatte, Diskussion um Zölibat oder Priesteramt für Frauen - das alles sei nicht Sache der Gemeinden, deren Strukturen immer der Seelsorge und der Verkündigung dienen sollten. "Wir müssen uns künftig die Frage stellen, was wir innerhalb der Gemeinden in Rade und Hückeswagen aufrechterhalten können", sagt Klein. Er denkt an neue Formen der Gruppenbildung - um zu überlegen, welche Möglichkeiten es gibt, die Menschen dort abzuholen, wo sie sich in ihrem Milieu befinden.

Kirche werde künftig weniger. Deshalb dürften sich die Gemeindemitglieder aber nicht verschämt zurückziehen, sondern sollten im gesunden Selbstbewusstsein, aber in Demut ihren Glauben praktizieren. "Wir müssen verstärkt das aufnehmen, was uns wichtig ist und zeigen, wie wir Gesellschaft gestalten wollen", sagt Klein und nennt als Beispiel die katholische Frauengemeinschaft in Radevormwald, die sich aufgelöst hat. Die Frauen hätten sich von den verbindlichen Strukturen verabschiedet und einen neuen Frauentreff gegründet. "Sie haben überlegt, was sie noch leisten und praktisch umsetzen können, um niemanden zu überfordern", sagt der Pastor. Nur um des Verbandes wegen und um einer Satzung zu entsprechen, könne keine Gruppe künftig existieren. "Wir suchen nicht Menschen für Aufgaben, sondern Aufgaben für Menschen entsprechend ihrer Fähigkeiten und Talente", sagt Klein. Er glaubt nicht, dass der Pfarrgemeinderat künftig zur Diskussion steht, denn gerade dieses Gremium bündele Kräfte, entdecke Talente und führe sie zusammen.

Ob die Kirchenvorstände in ihrer jetzigen Form bestehen bleiben, müsse der Bischof entscheiden. Klein findet, dass es künftig aus Köln mehr Anreize geben muss, sich auch von Gebäuden zu trennen, denn Geld nur in die Rücklagen fließen zu lassen, halte er für nicht gut. Er wünsche sich eine größere Selbstständigkeit vor allem in finanziellen Dingen. "In der katholischen Kirche ist alles sehr reguliert", sagt er. Die Gemeinden in Radevormwald und Hückeswagen hätten ihre Hausaufgaben gemacht und sich von Gebäuden bereits getrennt. "Mir geht es auch nicht generell um Abbau, der pastoral begründbar sein muss", sagt er.

Klein glaubt, dass die Tragweite der Ankündigung von Woelki noch nicht allen bewusst ist. "Eigentlich sind die Worte des Fastenbriefes nichts Neues. Wir wissen das schon lange, es muss jetzt nur noch mal verdeutlicht werden", sagt er. Die Frage sei, wie die Inhalte vermittelt werden können.

Das Pastoralkonzept des Seelsorgebereichs sei bereits vor diesem Hintergrund entwickelt worden. "Wir sind keine Volkskirche mehr. Kuschelig zurückziehen geht nicht. Wir müssen ausstrahlen und einladend sein, den Glauben mutig weitergeben in die Familien und ins Ehrenamt", fordert er. Das sei ein mühsamer Weg, weil die Verunsicherung groß ist. "Die eigene Unsicherheit über den Glauben erschwert uns den Prozess, denn viele haben auch nicht mehr den Mut, über den Glauben zu sprechen. Das müsse sich ändern", sagt Klein.

(RP)
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