Advent Weihnachtsgruß von 1945 als Geste der Zuversicht

Hückeswagen · Das Haus von Marlies und Manfred Salomon auf dem Fürstenberg ist ein richtiges kleines Museum: Viele verschiedene alte Möbelstücke, eine große Standuhr schlägt ihre warmen Klänge zur vollen Stunde, dazu jede Menge Histörchen an den Wänden und in den Regalen - kaum möglich, sich hier nicht wohlig und zu Hause zu fühlen.

 Marlies Salomon mit dem Weihnachtsblatt von 1945, das sich auf die erste Nachkriegsweihnacht bezieht. Dieses Blatt hat die 77-Jährige vom Fürstenberg nun als Motiv für ihre selbst kreierten Weihnachtskarten genommen.

Marlies Salomon mit dem Weihnachtsblatt von 1945, das sich auf die erste Nachkriegsweihnacht bezieht. Dieses Blatt hat die 77-Jährige vom Fürstenberg nun als Motiv für ihre selbst kreierten Weihnachtskarten genommen.

Foto: Jürgen Moll

Das Haus von Marlies und Manfred Salomon auf dem Fürstenberg ist ein richtiges kleines Museum: Viele verschiedene alte Möbelstücke, eine große Standuhr schlägt ihre warmen Klänge zur vollen Stunde, dazu jede Menge Histörchen an den Wänden und in den Regalen - kaum möglich, sich hier nicht wohlig und zu Hause zu fühlen.

Ein besonderes Kleinod jedoch hängt im Flur, ordentlich gerahmt - und von historischer Bedeutung noch dazu: "Unsere damalige Mitbewohnerin hat das Blatt geerbt und kam dann zu uns und sagte: Das ist bei Euch bestimmt sehr viel besser aufgehoben", sagt die Hückeswagenerin schmunzelnd. Die 77-Jährige stammt eigentlich aus Radevormwald, ist aber bereits mit zwei Jahren in die Schloss-Stadt gezogen. Hier war sie bis zur Rente als Kindergärtnerin tätig. Ihr Mann Manfred, zwei Jahre älter, stammt ursprünglich aus Ostpreußen. Die Mitbewohnerin, die acht Jahre im Souterrain gewohnt hatte, ist aus beruflichen Gründen in eine andere Stadt versetzt worden, erzählt Marlies Salomon und zeigt dann ein wenig gerührt auf den etwa DIN-A-4-großen Bilderrahmen: Darin befindet sich ein sogenanntes Weihnachtsblatt, eine Art Postkarte mit Passepartout, das auf das Jahr 1945 datiert ist.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs jährt sich in diesem Jahr zum 70. Mal. "Der Text auf dem Weihnachtsblatt erinnert dadurch natürlich an die erste Weihnacht nach dem Weltkrieg. Es ist ein wundervoller Text, der zum Nachdenken und auch zur Bescheidenheit anregt", sagt Marlies Salomon, die das Kriegsende als Siebenjährige durchaus bewusst mitbekommen hat. "Man kann das heute kaum noch vermitteln. Aber Anblicke, wie das in der Ferne brennende Remscheid, prägen sich auch schon einem kleinen Kind ganz nachdrücklich ein", sagt sie. Marlies Salomon gestaltet seit 1958 eigene Weihnachtskarten: "Das ist wohl die Erzieherin in mir, das liegt praktisch im Blut", sagt sie und lacht. 70 Jahre nach Kriegsende hat sie nun an das Weihnachtsblatt denken müssen und daraus die diesjährige Weihnachtskarte erstellt. "Wir schicken die Karten an Freunde, Familie und Verwandte. Ich habe etwa eine gute Freundin, die ich nun schon seit 75 Jahren kenne, mein Mann hat einen Freund seit 70 Jahren! Alle freuen sich immer sehr über die selbst gestalteten Karten. Und der schöne Text, den der Künstler Hans Spannier zur friedvollen Bergansicht im Winter verfasst hat, passt in unsere Zeit ja auch sehr gut", sagt die 77-Jährige.

Darin heißt es: "Nun ist es endlich soweit, Friede den Menschen auf Erden, die Spuren von Not und Leid und langsam vergehen werden." In Zeiten einer Welt, die an allen Ecken und Enden zu brennen scheint, ist dies in der Tat eine Art frohe Botschaft im Kleinen: "Wir fragen uns immer, was man selbst gegen die Missstände in der Welt machen kann. Zunächst meint man ja: gar nichts! Aber dann sind es doch so kleine Gesten der Zuversicht, die vielleicht doch irgendwie helfen können", sagt Marlies Salomon und lächelt. WOLFGANG WEITZDÖRFER

(wow)
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