Hückeswagen Schüler holen den Tod aus der Tabu-Ecke

Hückeswagen · Der Kursus Praktische Philosophie der zehnten Klasse der Realschule befragte gestern Wochenmarkt-Besucher zum Thema "Sterben und Tod". Die Ergebnisse der Befragung und des Gesamtprojekts sollen in einem Buch erscheinen.

 Gabriele Gringmuth wurde von den beiden Realschülerinnen Malika Harhoura und Jessika Föll (v. l.) gestern anlässlich des Projekts "Licht im Dunkel" auf dem Wochenmarkt zu den Themen Tod und Trauer befragt.

Gabriele Gringmuth wurde von den beiden Realschülerinnen Malika Harhoura und Jessika Föll (v. l.) gestern anlässlich des Projekts "Licht im Dunkel" auf dem Wochenmarkt zu den Themen Tod und Trauer befragt.

Foto: Jürgen Moll

Gleich hinter dem Brunnen auf dem Wilhelmplatz erwischen Jessika Föll und Malika Harhoura die erste Passantin. Auf dem Wochenmarkt gibt die Frau den Realschülerinnen bereitwillig Auskunft zu einem Themenbereich, der in der Gesellschaft oft in die Tabu-Ecke gedrängt wird: Sterben und Tod. Die beiden Schülerinnen sind sich deshalb noch unsicher, ob alle Hückeswagener ähnlich offen mit dem Thema umgehen können und ihre Fragen auch beantworten werden. "Schließlich spricht man nicht gerne über ein solches Thema", sagt Jessika Föll. Malika Harhoura nickt beipflichtend.

Gemeinsam mit elf weiteren Teilnehmern des Kursus Praktische Philosophie der städtischen Realschule gehören die beiden dem Schulprojekt "Licht im Dunkel" des Johannes-Hospizes Oberberg in Wiehl an. Während der zehnwöchigen Projektzeit beschäftigen sie sich intensiv mit dem Themenkomplex Trauer, Tod und Vergänglichkeit; diskutieren im Kursverbund über eigene Erfahrungen und verfassen Texte sowie Zeichnungen zum Thema. Die Ergebnisse aller im Oberbergischen Kreis beteiligten Schulen sollen im Frühjahr in Buchform veröffentlicht werden.

Kursleiterin und Lehrerin Birgit Engels ist schon jetzt begeistert von dem Engagement ihrer Schüler. Sie sagt: "Kurz vor den Ferien haben wir damit begonnen, uns mit den verschiedenen Aspekten des Themenbereichs zu beschäftigen. Was mich freut, ist, wie pfiffig und reflektiert die Schüler dieses Thema angehen." Eine Schülerin habe etwa schon selbst einen direkten Angehörigen verloren und den Mitschülern vom Umgang damit berichtet. "Ich denke, die Schüler interessiert das Thema, und sie setzen sich auch gerne damit auseinander", sagt Engels.

Gerd Felder steht vor dem Brunnen auf dem Wilhelmplatz und verteilt Kärtchen für die Straßenumfrage an die Schüler. "Mithilfe der Fragen sollen die Schüler ermitteln, ob der Trauermonat November für die Hückeswagener tatsächlich eine besondere Bedeutung hat", sagt der Projektleiter und erklärt: "Die Botschaft unseres Projekts lautet: Sterben und Tod gehören zum Leben dazu. Dieses Anliegen wollen wir mit der Befragung der Passanten unterstreichen. Denn viel zu oft hat die heranwachsende Generation quasi keine Möglichkeit mehr, einen eigenen gesunden Umgang mit Sterben, Tod und Trauer zu erlernen."

In Nordrhein-Westfalen verwirklicht Felder ein solches Projekt nun schon zum achten Mal. Hückeswagen nimmt erstmalig daran teil. "Mit diesem Projekt möchten wir auch zeigen, dass es möglich ist, auch mit jungen Menschen an einem solch heiklen Thema zu arbeiten und alltagsnah Begegnung zu ermöglichen", sagt Felder.

Andreas de Noni begleitet einige der Schüler bei der Passantenbefragung. Für ihn ist der Umgang mit dem Tod selbstverständlich und tatsächlich alltäglich. Er arbeitet im Johannes-Hospiz Oberberg als Pflegedienstleiter. "Für mich ist es sehr spannend zu sehen, wie die Jugendlichen an das Thema herangehen", sagt er. "Sie haben alle eine gesunde Einstellung zum Thema und sind über alle Schulformen hinweg total engagiert."

Normalerweise steht für alle teilnehmenden Klassen oder Kurse auch ein Besuch des Johannes-Hospizes Oberberg auf dem Plan. "Leider klappt das mit der Realschule Hückeswagen aus logistischen Gründen nicht", sagt de Noni. Deswegen will er die Schüler im kommenden Monat zumindest in ihrer Schule besuchen und dort über seine Arbeit im Hospiz aufklären.

(sb)
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