Hückeswagen Realschüler wirft Lehrern Beeinflussung bei Abstimmung vor

Hückeswagen · Leon Gräbner ist 16 Jahre alt, geht in die zehnte Klasse der Realschule und bezeichnet sich als "politisch und geschichtlich interessierten Schüler". Deshalb beunruhigten ihn bestimmte Zustände an seiner Schule, wie er in einer Mail an unsere Redaktion schreibt.

Denn: "An meiner Schule wird, was Politik angeht und insbesondere den bevorstehenden Bürgerentscheid, nicht wie laut Gesetz vorgesehen objektiv vonseiten der Lehrer berichtet." Dies beziehe sich nicht auf alle, es handele sich aber auch nicht um Einzelfälle.

Auch von anderen Schülern seien Beschwerden zu hören, berichtet Leon Gräbner. So sei ihm berichtet worden, dass eine Lehrerin mit Blick auf die aktuelle Abstimmung gesagt haben soll: "Ich will euch nicht beeinflussen, aber wer bei dem Bürgerentscheid mit Nein stimmt, ist dumm." Auch soll es Äußerungen von Lehrern gegeben haben, dass "die Grünen alle Pflaumen sind" und bei der SPD "alle ein Rad ab haben".

SPD und Grüne hatten zusammen mit der CDU im Stadtrat mehrheitlich für den Schul-Tausch gestimmt. Der beinhaltet unter anderem, dass die Realschule nach der Erweiterung des Hauptschulgebäudes dort als eigenständige Schule einziehen soll. Viele Lehrer, Schüler und Eltern wollen aber, wie die Bürgerinitiative, am Standort Kölner Straße bleiben.

"Die Selbstverständlichkeit, mit der so mancher Lehrer die eigene Position ausnutzt, um die Meinung von jungen Menschen im Sinne der eigenen Interessen zu verändern, finde ich bedenklich", schreibt der Realschüler, der Mitgründer der neuen Hückeswagener Juso-Gruppe ist, die Nachwuchsorganisation der SPD. "Meiner Meinung nach sollte eine Schule die Schüler zur selbstständigen Meinungsbildung heranziehen und objektiv sein." Doch davon könne nicht unbedingt die Rede sein.

Schulleiterin Christiane Klur, mit den Vorwürfen gestern konfrontiert, sprach umgehend mit den Klassensprechern der neunten und zehnten Klassen und den SV-Lehrern. "Es gab keinerlei Äußerungen dahingehend, dass Schüler aufgefordert wurden, für eine bestimmte Seite zu stimmen", versichert sie. Auch seien die Schüler weder unter Druck gesetzt, noch - bis auf eine Ausnahme - abqualifiziert worden. "Die Ausnahme bezog sich auf die Äußerung einer Kollegin vor den Osterferien", berichtet Klur. Das Wort "dumm" sei zwar nicht gefallen, wohl aber habe sie sich flapsig-abwertend über die Nein-Abstimmer geäußert. Sie sei aufgefordert worden, dieses Verhalten zu unterlassen. "Seitdem habe ich weder von Schülern noch von Eltern, Fraktionsvorsitzenden oder dem Bürgermeister Hinweise dazu erhalten, dass Lehrer von ihrem Neutralitätsgebot abweichen", betont die Schulleiterin. Im Politikunterricht hätten vereinzelt Kollegen ihre persönliche Meinung zum Bürgerentscheid geäußert, diese aber sehr klar als solche gekennzeichnet.

Christiane Klur hat nun große Sorge, dass das Vorgehen ihres Schülers zu einer weiteren von allen verantwortlichen Stellen nicht gewollten Eskalation im Rahmen des Bürgerentscheids führt, die das Miteinander in Hückeswagen über den 15. April hinaus nachhaltig beschädigt. Sie appelliert: "In dem Wissen, dass die weiterreichenden Folgen eines solchen Handelns für einen jungen Menschen vielleicht nicht absehbar sind, appelliere ich an die (erwachsenen) Hückeswagener Bürger, dieses zu bedenken, bevor vor allem in den sozialen Medien statt oder neben einer eigenen Meinung wieder unbelegbare Vermutungen, Abwertungen und Verunglimpfungen der anderen Seite ihre unendlichen Kreise ziehen."

(büba)
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