Hückeswagen Realschüler stellen sich dem Grauen von Auschwitz

Hückeswagen · Viele ergreifende Eindrücke brachten 24 Schüler der Erich-Kästner- und der Realschule von ihrer Reise Mitte April nach Auschwitz mit. Diese haben sie in Form von Bildern und Tagebüchern verarbeitet und im Pausenraum der Realschule ausgestellt.

 Die berüchtigte Rampe des Konzentrationslagers Auschwitz — hierwurden die hauptsächlich jüdischen Insassen selektiert.

Die berüchtigte Rampe des Konzentrationslagers Auschwitz — hierwurden die hauptsächlich jüdischen Insassen selektiert.

Foto: T. Schmalt

Es war ein Experiment im doppelten Sinn: In einer neu gegründeten Geschichts-AG und bei einer viertägigen Fahrt ins Konzentrationslager Auschwitz sollte den Schülern der Völkermord in der Zeit des Nationalsozialismus näher gebracht werden. Des Weiteren war es ein schulübergreifendes Projekt zwischen den Neunt- und Zehntklässler der Erich-Kästner-Förderschule (EKS) und der Neuntklässler der Realschule. Beide Experimente sind mehr als geglückt.

 Aus ihren Tagebüchern haben die Realschüler, die bei der Auschwitz-Fahrt dabei waren, eine Ausstellung zusammengestellt. Dafür wurden im Pausenraum der Realschule zwei Vitrinen aufgestellt.

Aus ihren Tagebüchern haben die Realschüler, die bei der Auschwitz-Fahrt dabei waren, eine Ausstellung zusammengestellt. Dafür wurden im Pausenraum der Realschule zwei Vitrinen aufgestellt.

Foto: heike Karsten

"Die Jugendlichen haben Tolles geleistet und sich sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt", lobte Thomas Wientzek, Geschichtslehrer an der Realschule. Während der fünftägigen Exkursion nach Polen haben die Schüler Tagebücher geführt und darin nicht nur ihre Erlebnisse festgehalten, sondern auch gemalt, Bilder, Stadtpläne und Münzen eingeklebt. Schon im Vorfeld hatten sie sich mit dem Holocaust auseinandergesetzt und Zeitzeugenberichte aufbereitet. Auch Lego war zum Einsatz gekommen: Mit den Spielfiguren stellten sie Szenen aus dem Vernichtungslager dar.

In zwei Vitrinen im Foyer der Realschule sind die gesammelten Werke nun ausgestellt. Aufgabe der Schüler der Geschichts-AG ist es jetzt, ihre Erlebnisse als Multiplikatoren weiterzutragen. "Gerade in Zeiten, in denen ein Rechtsruck durch Europa geht", betonte Wientzek.

Trotz der fürchterlichen Ereignisse sind die Schüler sicher, dass sich die Geschichte irgendwann einmal in ähnlicher Weise wiederholen könnte. "Es gibt immer bescheuerte Menschen, die so denken", sagte Schülerin Pia-Alena Voß (16). Toleranz sei die Grundlage dem entgegenzuwirken, meinte eine andere Schülerin. Toleranz zeigten auch die Schüler der beiden Schulen untereinander. "Wir waren anfangs schon skeptisch, ob das funktioniert", sagte EKS-Lehrerin Catherine Wasserfuhr. Doch schon bei den ersten Treffen der Kurse wurden Vorurteile schnell abgebaut. "Wir haben uns sogar so gut verstanden, dass daraus Freundschaften entstanden sind", sagten Pia-Alena Voß und Sabine Scheler.

Geduldig, aufmerksam und ohne Jammern hätten die Schüler die vierstündigen Führungen durch das Stammlager in Auschwitz und das Lager in Birkenau verfolgt. Obwohl die jungen Hückeswagener darauf vorbereitet waren, empfanden sie besonders die Gaskammer als so erschreckend, dass bei der Besichtigung einige Tränen flossen. Hier waren die Opfer nach ihrem Tod geschändet worden - aus den Haaren wurden Matratzenfüllungen, aus der Asche der verbrannten Menschen Dünge- und Streumittel gefertigt. "Das war industrielle Tötung 'Made in Germany'", brachte es Lehrer Wientzek auf den Punkt.

Abends im Hotel habe man dann noch lange zusammengesessen und geredet. "Die Gespräche waren auf einem sehr hohen Niveau, und jeder hat ganz offen seine Gefühle ausgesprochen. Das hat mich sehr beeindruckt", sagt der stellvertretende Realschulleiter Thorsten Schmalt, der die Schüler begleitet hatte.

Neben den Konzentrationslagern besuchten die Schüler auch die Stadt Krakau, die Burganlage Wawel sowie ein Museum in der ehemaligen Emaillewarenfabrik von Oskar Schindler. Dort wird eindrucksvoll die Geschichte der deutschen Besetzung in Polen während des Zweiten Weltkriegs geschildert.

Die Geschichtskurse enden demnächst, aufgrund der gelungenen Kooperation zwischen den Schulen sprechen sich die Lehrer jedoch für eine Wiederholung in zwei Jahren aus. Catherine Wasserfuhr: "Unser Ziel ist es, dem Zeitgeist, der gerade herrscht, entgegenzuwirken."

(RP)
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