Prozess in Köln Mutmaßlicher Messerstecher leidet unter Persönlichkeitsstörung

Hückeswagen · Ein Psychiater hat vor Gericht sein Gutachten über den Mann vorgestellt, der einen Taxifahrer brutal getötet haben soll. Der Mann leidet demnach unter einer Persönlichkeitsstörung.

Warum bloß stach er zu? Richter Peter Koerfers wird nicht müde, die Frage ständig zu wiederholen. Eine Antwort darauf erhält er nicht. "Ich weiß es nicht", blockt der Angeklagte immer wieder ab. Vor dem Kölner Landgericht muss sich der 23-Jährige wegen Mordes aus Heimtücke verantworten. Der Mann aus Much (Rhein-Sieg-Kreis) hat gestanden, am 16. August einen 63-jährigen Taxifahrer auf dem Wipperfürther Marktplatz mit 20 Stichen getötet zu haben, über die Beweggründe aber schwieg er bislang. Tags drauf war der damals 22-Jährige in Hückeswagen festgenommen worden.

Montag stellte ein Psychiater das Gutachten vor, das er nach der Tat über den mutmaßlichen Mörder angefertigt hatte. Eine Antwort darauf, warum der junge Mann den Taxifahrer niederstach, lieferte auch das Gutachten nicht, wohl aber zeichnete es ein detailliertes Bild der Persönlichkeit des 23-Jährigen. "Er hat ein geringes Selbstwertgefühl, eine starke Misstrauenshaltung seiner Umwelt gegenüber. In Stresssituationen ist seine Schwelle für Aggressionen niedriger als sonst", sagte der Psychiater. Er sei mit seinem Leben nicht zufrieden, habe das Gefühl einer chronischen, inneren Leere und fühle sich ungerecht behandelt. All das zusammen sei ein Zeichen für eine "dissoziale emotionale Persönlichkeitsstörung", erläuterte der Sachverständige. "Es liegen Hinweise auf eine hohe Wiederholungs-Wahrscheinlichkeit von Gewalttaten vor." Die Persönlichkeitsstörung sei bei einer adäquaten Langzeittherapie aber "nicht unkorrigierbar".

Vor Gericht sprach am vierten Verhandlungstag auch die Ex-Freundin des Angeklagten. Sie bestätigte, dass er zu Aggressionsausbrüchen neige und damit die Schilderung eines Mitarbeiters des Jugendamts. Der hatte den Angeklagten am dritten Verhandlungstag als "tickende Zeitbombe" beschrieben.

Wenige Wochen vor der Tat waren die heute 50-Jährige und der Angeklagte ein Paar gewesen. Doch es dauerte nicht lange, bis aus Liebe Angst wurde. "Es war schwierig mit ihm. Er war oft aggressiv oder ausweichend", sagte die Zeugin. Das damalige Paar hatte sich an einer Tankstelle kennengelernt - sie hatte an der Kasse gearbeitet, er als Tankwart. Als er dann mitbekommen habe, dass sie gerne Kampfsport lernen wolle, habe der Angeklagte sie angesprochen. "Der große Altersunterschied war mir bewusst. Aber ich dachte, ich schade ihm nicht", sagte die Frau.

Obwohl die Beziehung nur rund ein halbes Jahr dauerte, denkt sie bis heute daran. Mehrfach sei der damals 22-Jährige, der in dieser Zeit weder Alkohol noch Drogen konsumiert haben soll, ausgerastet. Nach Angaben der ehemaligen Lebensgefährtin habe das Paar abends vor dem Fernseher gesessen. Weil ihr das Programm nicht zugesagt habe, sei die 50-Jährige aufgestanden und gegangen. Ihr Freund sei daraufhin sauer gewesen und habe die Wohnung verlassen. Am nächsten Tag habe er dann vor der Türe gestanden und gesagt, er wolle "kuscheln". "Ich habe Nein gesagt, dann ist er ausgerastet", sagte die 50-Jährige. Der Angeklagte habe sie vom Stuhl gestoßen, sie angeschrien und dabei immer wieder mit der Faust in die Hand geschlagen haben. "Dabei hat er immer wieder gesagt: ,Jetzt ist ja eh alles egal.'"

Das Urteil wird wohl im Juni fallen.

(RP)
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