Sommerinterview Christian Schütte (CDU) "Leeres Schloss wird schnell zur Ruine"

Hückeswagen · Die Hälfte der Legislaturperiode ist vorbei, 2020 wird ein neuer Stadtrat gewählt. Anlass für unsere Redaktion, mit den Frakti-onsvorsitzenden über die "erste Halbzeit" und die künftigen Herausforderungen zu sprechen. Zum Start: Christian Schütte (CDU).

 Die Diskussion um die Nutzbarkeit des Hückeswagener Rathauses aufgrund des Brandschutzes verfolgt CDU-Fraktionschef Christian Schütte mit großer Sorge.

Die Diskussion um die Nutzbarkeit des Hückeswagener Rathauses aufgrund des Brandschutzes verfolgt CDU-Fraktionschef Christian Schütte mit großer Sorge.

Foto: stephan büllesbach (Archiv)

Nennen Sie bitte die drei wichtigsten Dinge, die die Hückeswagener Politik in den vergangenen zweieinhalb Jahren angestoßen hat.

Schütte Neben der notwendigen Neuordnung der Schullandschaft und dem Entscheid für ein modernes, stadtnahes Feuerwehrhaus ist die gemeinschaftlich durch Politik, Verwaltung und das beispielhafte ehrenamtliche Engagement für eine erfolgreiche Bewältigung der Flüchtlingssituation zu nennen.

Warum ausgerechnet diese drei?

Schütte Für alle drei gilt: Jedes Projekt war sehr umfangreich und zeitaufwendig. Hier musste und muss die Politik in den Fraktionen, über Fraktionsgrenzen hinweg und mit der Verwaltung diskutieren, beraten und nach reiflichen Überlegungen entscheiden. Es geht dabei um ganz erhebliche finanzielle Investitionen, die angesichts des Haushaltssicherungskonzepts (HSK) nicht ganz einfach zu stemmen sind. Mit der Fortschreibung des Schulentwicklungsplans sind wichtige Weichen für das Bildungsangebot in unserer Stadt gestellt worden. Die Entwicklung der Geburtenraten und der Einfluss des Zuzuges von Familien - auch, aber nicht nur Flüchtlingen - wird uns aber immer wieder zur Weiterentwicklung des Modells auffordern. Der jetzige Standort der Feuerwehr an der Bachstraße ist schon lange nicht mehr zeitgerecht und erfüllt weder die Anforderungen der aktuellen Arbeitsstättenverordnung noch die Erfordernisse einer bedarfsgerechten Ausbildung und Fahrzeughaltung. Hückeswagen baut auf die hohe Motivation und Einsatzbereitschaft einer gut ausgebildeten Freiwilligen Feuerwehr. Sie braucht das neue Feuerwehrgerätehaus, so wie wir die Feuerwehr brauchen. Hückeswagen hat es verstanden, die oft als Flüchtlingskrise bezeichnete Situation als Chance zu begreifen. Von Politik und Verwaltung wurden schnell und unbürokratisch die notwendigen Mittel bereitgestellt. Aber ohne den vorbildlichen Einsatz der Bürgerinnen und Bürger zur gelebten Integration der Menschen in Not wäre all das nicht möglich gewesen. Hierauf können wir sehr stolz sein.

Was sind die Ihrer Ansicht nach drei größten Flops seit der Kommunalwahl im Mai 2014?

Schütte Auch in der politischen Arbeit kann nicht alles glattgehen. Wo Menschen handeln, gibt es immer auch Fehler. Ich bin aber der Überzeugung, dass die meist kleinen Dinge, die nicht so gut gelaufen sind, bei weitem nicht die Schwelle erreicht haben, sie als Flop zu bezeichnen. Aber wenn Sie ein Beispiel haben wollen, dann ist es die Umsetzung der Breitbandversorgung. Viel zu viele Hückeswagener sind sehr verärgert, wie unprofessionell die Telekom sich hier wieder einmal präsentiert.

Was läuft zurzeit gut in der Stadt?

Schütte Die Flüchtlingsarbeit habe ich schon genannt. Aber auch die politische Kultur der verschiedenen Parteien bei aller notwendigen Diskussion von unterschiedlichen Sichtweisen hebt uns schon von anderen Kommunen deutlich ab. Die gegenseitige Wertschätzung ist der Nährboden für eine erfolgreiche Arbeit zum Wohle der Stadt.

Und was läuft schlecht? Woran muss noch gearbeitet werden?

Schütte Mit großer Sorge sehe ich die Diskussion um die Nutzbarkeit unseres Rathauses. Wer will verkennen, dass an ein historisches Gebäude andere Anforderungen zu stellen sind als an einen Neubau? Ein leeres Schloss wird schnell zur Ruine.

Was sind die größten Herausforderungen für Hückeswagen in den

kommenden zehn Jahren?

Schütte Natürlich ist unser gemeinsames Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushaltes für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt von höchster Bedeutung. Dabei heißt es, das Ziel zu erreichen, ohne sich kaputtzusparen. Die Belastung der Bürgerinnen und Bürger muss auf das im Haushaltssicherungskonzept verabschiedete Maß beschränkt bleiben. Hückeswagen soll lebens- und liebenswert und ein attraktiver Ort für zuzugswillige junge Familien bleiben. Dazu gehört schlussendlich auch die äußere Ortsumgehung. Dabei werden wir nicht müde, den wichtigen Kreisel in Kobeshofen zu fordern.

Wie beurteilen Sie die Arbeit von Bürgermeister Dietmar Persian?

Schütte Bürgermeister Persian erlebe ich - ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger - als Moderator der politischen Meinungsbildung in der Gesellschaft und im Stadtrat. Mit ihm war es möglich, nach dem Bruch der Bunten Liste einen Neuanfang des Dialogs zu starten. Leider beteiligen sich nicht alle Fraktionen im Rat an dieser positiven Entwicklung.

Welche meinen Sie damit, und was werfen Sie ihnen konkret vor?

Schütte Ich verweise jetzt einfach mal auf meine Antwort auf die Frage, was schlecht gelaufen ist.

Ein Ausblick auf den Wahlabend im Herbst 2020: Wo sehen Sie dann Ihre

Partei in Hückeswagen?

Schütte Wir werden weiter mit sachorientierter Politik daran arbeiten, nach der Wahl als stärkste Fraktion im Stadtrat gestalterisch tätig sein zu können. Schon jetzt, zur Hälfte der Legislaturperiode, haben wir die Weichen gestellt, mit einer stark verjüngten, frischen Mannschaft in den Wahlkampf zu gehen. Die Umbildung innerhalb der Fraktion mit ihren sachkundigen Bürgern dient der Ausbildung dieser Hoffnungsträger, bevor sie sich 2020 den Bürgerinnen und Bürgern zur Wahl stellen.

Zum Abschluss eine persönliche Frage: Haben Sie jetzt politische Sommerferien oder lassen die lokalen Themen Sie nicht los?

Schütte Nicht alle Mitglieder unserer Fraktion sind in die Sommerfrische gefahren. Einige behalten als "Stallwachen" das Ohr am Puls der Stadt und ihrer Bürger. Üblicherweise gibt es keine Sitzungen von Ausschüssen und Rat, die Sondersitzung zur Entscheidung über den Vergleich im Rechtsstreit zu den Swap-Geschäften sorgt für eine Ausnahme. Gleichzeitig laufen bei uns die Vorbereitungen zur Bundestagswahl auf Hochtouren. Die Zeit nach den Ferien bis zum Urnengang ist kurz.

STEPHAN BÜLLESBACH FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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