Hückeswagen Landwirte klagen über ein ganz schlechtes Jahr 2015

Hückeswagen · Verkauf der Produkte wird zunehmend zum Verlustgeschäft. Und die Gülle-Katastrophe sorgt für einen Imageschaden.

Ein Jahr des Leidens: Das war 2015 für die Landwirte im Bergischen. Die "Bilanz des Grauens" zog Christian Felbeck als Vorsitzender der Ortsbauernschaft Hückeswagen gestern im Kolpinghaus. Gemeinsam mit der Ortsbauernschaft Rade und Vertretern der Landwirtschaftskammer für den Kreis trafen sich die Landwirte zur Mitgliederversammlung. Fazit: Gut geht es den heimischen Bauern seit Jahren nicht, aber so negativ wie 2015 lief es selten. Und 2016 ist keine Entspannung auf dem Markt für Agrarprodukte in Sicht. An zwei Punkten machte Felbeck seine Negativ-Bilanz fest: Die von einem Hof in Halver ausgehende Güllekatastrophe in der Neye-Talsperre und ihren Zuläufen hat demnach auch die Landwirte in Hückeswagen hart getroffen. Auf Dauer regelrecht existenzbedrohend ist daneben der Preisverfall für Agrarprodukte. Die in Supermärkten und von Discountern zu Schleuderpreisen angebotene Milch ist ein Minusgeschäft für die Milchviehbetriebe. Aber die Bauern haben in der bergischen Grünland-Region keine Alternative zur Milcherzeugung. Entsprechend düster sind die Zukunftsprognosen.

"Nach der Güllekatastrophe im März stockte auch uns Landwirten der Atem", sagte Felbeck. Tatsächlich sei nicht reine Rindergülle von dem Hof im Märkischen Kreis aus bis in die Talsperre geflossen, sondern ein Biogas-Substrat. Das wiederum sei noch "Glück im Unglück" gewesen, weil das Substrat technisch einfacher vom Wasser getrennt werden kann, als dies bei reiner Gülle der Fall gewesen wäre. Dennoch sind bis heute die Spätfolgen für die Umwelt noch nicht endgültig absehbar.

Die Katastrophe ging von nur einem Hof aus, die Folgen bekommt laut Felbeck aber die gesamte Landwirtschaft zu spüren. "Wir werden seitdem schon schräg angesehen, wenn wir einfach nur mit einem Güllefass unterwegs sind", sagte der Vorsitzende der Ortsbauernschaft. Den Menschen sei nicht bewusst, dass Rindergülle nichts Unnatürliches und Bedrohliches sei, sondern natürlicher Dünger, unverzichtbar für die Landwirtschaft und die von ihr erzeugten Produkte. Im Bergischen Land gehe von den ausgebrachten Mengen keine Gefahr für das Trinkwasser aus.

Felbeck nannte als Beispiel die Große Dhünn-Talsperre: 1,8 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen würden daraus mit sauberem Trinkwasser versorgt. Der Nitratgehalt liege sehr deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten, obwohl die landwirtschaftlichen Flächen in der Region seit Jahrzehnten mit Gülle gedüngt werden. Noch mehr Sorgen bereitet den Landwirten der andauernde Preisverfall für ihre Produkte. Die reinen Produktionskosten für einen Liter Milch bezifferte Felbeck auf 35 Cent, tatsächlich bekommen die Landwirte nur 28 Cent dafür. "Fair wären 45 Cent", sagte er. Daran sei aber nicht annähernd zu denken. "Es ist unverschämt, zu welchen Preisen unsere Milch verramscht wird." Diese Art des Umgangs mit wertvollen Lebensmitteln sei "verantwortungslos und respektlos gegenüber den Erzeugern". Vor allem den Discountern, die den Markt beherrschten und die Preise diktierten, warf Felbeck "geradezu verbrecherisches Handeln" vor.

(bn)
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