Hückeswagen Indonesischer Besuch bei der Gotteshütte

Hückeswagen · Ungewöhnlichen Besuch erhielten jetzt die Verantwortlichen des Jugend- und Sozialwerks Gotteshütte: Ein Team aus Nordsumatra, das sich in seiner Heimat um die Schwachen und Ausgestoßenen der Gesellschaft kümmerte, schaute ihnen einen Tag lang bei der Arbeit über die Schulter.

 Deutsch-indonesisches Arbeitstreffen der Gotteshütte (v. l.): Tiarma Lumbantobing, Mega Siregar, Jochen Tweer, Hartini Sinaga, Denny Burmeester und Bonggas Lumbantobing.

Deutsch-indonesisches Arbeitstreffen der Gotteshütte (v. l.): Tiarma Lumbantobing, Mega Siregar, Jochen Tweer, Hartini Sinaga, Denny Burmeester und Bonggas Lumbantobing.

Foto: S. Viehoff

Fünf Jahre ist es her, dass die Tochter von Jochen Tweer, Fachbereichsleiter der Gotteshütte, für vier Monate in Indonesien arbeitete. Dorina-Luana Schäfer, damals 24 Jahre alt, wollte einmal den "Rummel" in der Heimat eine Zeit lang hinter sich lassen und sich sozial-christlich betätigen. Als Reiseziel war Südostasien auserkoren. Dabei lernte sie Mega Siregar kennen, eine eingesegnete Ordensschwester der Diakonie Kaiserswerth. Die erinnerte sich vor geraumer Zeit wieder an ihre deutsche Besucherin und nahm über sie Kontakt zur Gotteshütte in Hückeswagen auf, die sich um Kinder und Jugendliche kümmert. Jetzt erhielt das Jugend- und Sozialwerk Besuch einer Delegation aus Indonesien.

"Das Team um Mega Siregar kümmert sich in Medan, einer Stadt in Nordsumatra, um Straßenkinder, psychisch Kranke, Müllsammler und Kranke", berichtet Jochen Tweer, Fachbereichsleiter bei der Gotteshütte. Die Indonesier interessierten sich für deren Arbeit und begleiteten einige Mitarbeiter des Jugend- und Sozialwerks einen Tag lang, wobei sie Einblicke in verschiedene Gruppen erhielten.

Zum Auftakt ging es in die Fünf-Tages-Gruppe an der Wilhelm-Blankertz-Straße, wo die Jugendlichen unter der Woche leben, für das Wochenende aber in ihre Elternhäuser zurückkehren. "Dort wird familientherapeutisch gearbeitet", erläutert Tweer. "So etwas gibt's in Indonesien nicht."

Staunende Blicke dürfte es erst recht bei der zweiten Station auf der Rundreise gegeben haben, dem Café L(i)ebenswert an der oberen Islandstraße. Dort betreuen Mitarbeiterinnen der Gotteshütte Teeniemütter. "In Indonesien werden Mütter geächtet, wenn sie keinen Mann haben", berichtet Tweer. Niemand kümmere sich dann um diese jungen Frauen - die Folgen: Die Kinder leben auf der Straße, die Frauen müssen womöglich mit Prostitution ihren Lebensunterhalt bestreiten. "Für unsere Besucher war es daher interessant zu erfahren, dass es in Deutschland auch Hilfe für junge Mütter gibt."

Anschließend ging es nach Wipperfürth weiter. In der Hofschaft Hollmünde, zwischen Ohl und Dohrgaul gelegen, betreut das Kinder- und Sozialwerk seit einigen Monaten unbegleitete jugendliche Flüchtlinge. Tweer: "Für die indonesischen Besucher war das sehr spannend zu sehen, wie professionell wir damit umgehen." Beeindruckt waren sie offenbar vor allem von der Traumabegleitung, da die Jungen stark traumatisiert sind. Tweer berichtete etwa von jungen Afrikanern, die ein Jahr in einer Höhle unter der Erde leben mussten, ehe die Schlepper sie - nachdem die Eltern eine Art Lösegeld gezahlt hatten - übers Mittelmeer Richtung Europa schickten. "Das hat unsere Besucher doch sehr geschockt", sagt Tweer. Später entspann sich eine tiefgehende Diskussion, zumal auch viele Indonesier flüchten, hauptsächlich nach Hongkong.

Den Abschluss der gut siebenstündigen Rundreise bildete ein Besuch einer Familiengruppe, in der psychisch kranke Menschen betreut werden. Tweer: "In Indonesien wird nur versucht, solche Menschen von der Straße fernzuhalten." Dort lebten sie mit 50, 60 anderen Kranken in Schlafsälen, und eine Betreuung gebe es nicht. Für die indonesische Delegation war es beeindruckend zu sehen, "dass die Gotteshütte auch solche Menschen mit christlicher Nächstenliebe auffängt und dass sie nicht eingesperrt werden müssen", berichtet Tweer.

Der Fachbereichsleiter resümierte: "Es war eine wunderbare Begegnung." Ein Urteil, zu dem anscheinend auch die Gäste aus Indonesien gekommen waren. Sprachen sie doch noch am Abend eine Gegeneinladung aus. Tweer: "Es wäre schön, wenn das irgendwann einmal klappen könnte." www.gotteshuette.de

(RP)
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