Ehrenamt Gotteshütte "Ich wollte einfach etwas zurückgeben"

Hückeswagen · Sibylle Becker ist bei Bedarf ehrenamtlich im Wohnheim für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge des Jugend- und Sozialwerks Gotteshütte tätig.

 Das Gesellschaftsspiel Uno ist ein Türöffner vor allem für Neuankömmlinge (v.l.): Jochen Tweer, Solar Mahmud (15, Syrien), Amir Hossein Habibi (18, Afghanistan), Sibylle Becker und Mahammed Abdurahman (17, Somalia).

Das Gesellschaftsspiel Uno ist ein Türöffner vor allem für Neuankömmlinge (v.l.): Jochen Tweer, Solar Mahmud (15, Syrien), Amir Hossein Habibi (18, Afghanistan), Sibylle Becker und Mahammed Abdurahman (17, Somalia).

Foto: weitzdörfer

Hückeswagen Im Zuge der großen Flüchtlingswellen 2015 und 2016 sind auch viele junge Menschen alleine nach Europa und Deutschland gekommen. Diese unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge hat das besonders schwere Los getroffen, in einem fremden Land mit einer fremden Sprache ganz alleine dazustehen und sich zurechtfinden zu müssen. In der Regel haben sie traumatische Erlebnisse hinter sich.

Das Jugend- und Sozialwerk Gotteshütte aus Hückeswagen ist eine jener Institutionen, die sich um diese Kinder und Jugendlichen kümmert. In Wipperfürth gibt es ein Wohnheim, in dem sie ankommen und sich in Deutschland zurechtfinden lernen können - sowohl unter professioneller Anleitung als auch mit ehrenamtlicher Hilfe. Eine der ehrenamtlichen Helferinnen ist Sibylle Becker. Die 46-Jährige arbeitet eigentlich in Thier als Ergotherapeutin bei "Noh Bieneen".

Der Kontakt zur Wohngruppe, die es seit etwa eineinhalb Jahren gibt, kam über ihren Mann zustande. "Er ist hier Gruppenleiter und betreut mit seinem Team elf Jugendliche", sagt Sibylle Becker. Die haben in der Wipperfürther Einrichtung ein richtiges Zuhause, essen, schlafen und wohnen dort. "Für mich war es aus zwei Gründen klar, mich hier ehrenamtlich zu engagieren", sagt sie. Zum einen wollte sie schon immer neue Menschen aus fremden Ländern kennenlernen, und zum anderen stand natürlich der Gedanke im Mittelpunkt, helfen zu können.

"Die Kids kommen aus Afghanistan, Syrien, Guinea, Somalia, Algerien und Eritrea", zählt die 46-Jährige auf. Ihre Aufgaben sind ein wenig die eines Springers: "Hier kümmern sich sechs festangestellte Mitarbeiter rund um die Uhr um die Jugendlichen. Sie wohnen teils weiter weg - in Köln oder Hagen. Wenn es da mal Engpässe gibt, bin ich zur Stelle und helfe aus", sagt Sibylle Becker. Dann spiele sie gemeinsam mit ihren Schützlinge Gesellschaftsspiele.

"Vor allem Uno, das ist klasse und ein echter Türöffner vor allem für diejenigen, die neu in die Gruppe kommen", sagt sie. Derzeit habe sie aber auch noch ein anderes Projekt, dem sie viel Zeit widme: "Amir Hossein Habibi kommt aus Afghanistan, ist 18 Jahre alt und macht gerade eine zweijährige schulische Ausbildung zum Sozialhelfer. Ich unterstütze ihn dabei." Habibi ist erst seit 21 Monaten in Deutschland, Becker hilft ihm in allen Fächern, vor allem bei der Übersetzung der Texte in ein einfacheres Deutsch.

"Das hilft ihm, die Anforderungen besser zu verstehen", sagt die 46-Jährige. Ehrenamt ist für sie grundsätzlich wichtig: "Ich finde es schön, helfen zu können." Aber auch in ihrem speziellen Bereich sei sie überzeugt davon: "Mir war es wichtig, den Flüchtlingen bei der Ankunft hier zu helfen." Ihre Großeltern seien selbst aus Schlesien als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen - auch das ist eine Motivation für die 46-Jährige.

"Ich wollte einfach etwas zurückgeben." Das könne dann sogar im Umkehrschluss wieder als Motivation und Vorbild für die jungen Flüchtlinge dienen, sagt sie und lacht. "Amir will jetzt im DRK-Altenwohnheim in Wipperfürth als Ehrenamtler mithelfen. Zu helfen - das war seine Hauptmotivation." Ende Dezember hatte der junge Afghane das erste Gespräch im Altenwohnheim. Von der Gotteshütte bekommt Sibylle Becker die volle Unterstützung und auch einen Vertrag: "Zur rechtlichen Absicherung bekommen unsere ehrenamtlichen Helfer einen Ehrenamts-Vertrag", sagt Jochen Tweer, Fachbereichsleiter für den Bereich Kinder- und Jugendwohnen beim Hückeswagener Sozialwerk.

Bei der Zusammensetzung der jungen Geflüchteten werde grundsätzlich jede Nation aufgenommen. "Aber wir sehen auch zu, dass sie nicht gerade aus besonders verfeindeten Ländern kommen, das soll schließlich ein Ort des Friedens sein", sagt Tweer. Und weil etwa Kochen auch eine universelle Sprache sei, werde auch oft aus den jeweiligen Regionen gekocht, sagt Becker. "Gleich machen wir etwa das traditionelle afghanische Gericht Kubali Pulao: Reis mit Kartoffeln, dazu karamellisierte Möhrenstreifen, Hähnchen und Rosinen", sagt Sibylle Becker.

(wow)
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