Hückeswagen Hückeswagener blickt auf Wirtschaftsgeschichte

Hückeswagen · Zusammen mit Sven Prange hat der Hückeswagener Journalist Massimo Bognanni über "Große Momente der deutschen Wirtschaftsgeschichte" geschrieben. Es ist ein Geschichtsbuch der besonderen Art.

Hückeswagen: Hückeswagener blickt auf Wirtschaftsgeschichte
Foto: Stephan Büllesbach

Schon mal was von Friedrich List gehört? Nein, das ist kein Komponist, der hört auf den Namen Franz Liszt. Friedrich List (1789 bis 1846) war der Wegbereiter des Deutschen Zollvereins, der aus vielen deutschen Kleinstaaten erstmals eine gemeinsame Wirtschaftszone machte. Oder ist bekannt, dass der TÜV das Sterben an den Dampfkesseln, die zu Beginn der Industrialisierung so ungemein wichtig waren, beendete? Carl Isambert ist der 29-jähriger Ingenieur aus dem Schwarzwald, der 1868 erstmals Dampfkessel einer genauen Kontrolle unterzieht und dafür Sorge trägt, dass viele Arbeiter nicht mehr von explodierendem Metall getötet werden. Es ist die Geburtsstunde des Technischen Überwachungsvereins.

Wer glaubt, Wirtschaftsgeschichte im Allgemeinen und deutsche im Speziellen sei dröger Stoff, der irrt. Was Bognanni und Prange auf 224 Seiten veröffentlicht haben, ist eine Geschichtslektüre, die alles für verregnete Nachmittage und Abende hat - reichlich Wissenswertes, viel Kurioses, Spannung und mitunter regelrechte Wirtschaftskrimis. Beim Lesen wird selbst für denjenigen deutlich, der Einblick in die globale Wirtschaft hat, welch wichtigen Stellenwert die deutsche Wirtschaft hatte - und hat!

Ursprünglich waren die "Große Momente der deutschen Wirtschaftsgeschichte" noch kein Buch, sondern eine zehnteilige Serie im Handelsblatt. Massimo Bognanni ist dort seit 2012 als Reporter und, nacheinem kurzen Intermezzo beim Manager Magazin Ende 2015, seit Januar in dessen Investigativ-Team für Wirtschaftskriminalität beschäftigt. Der Hückeswagener arbeitete maßgeblich an der Berichterstattung etwa um die Schlecker-Insolvenz, den Schmiergeldskandal am Berliner Flughafen und der Verhaftung des ehemaligen Bertelsmann- und Arcandor-Manager Thomas Middelhoff mit.

Im Urlaub 2013 kam ihm die Idee: "Ich hatte immer mit düsteren Themen zu tun, da wollte ich mal was Positives schreiben." Und da er sich für Geschichte interessiert, war das Thema festgelegt. Zusammen mit seinem damaligen Kollegen Sven Prange entwickelte und schrieb der heute 32-Jährige die Serie. "Die kam so gut bei den Lesern an, dass wir ein Buch daraus machen wollten." Also suchte das Do weitere zehn interessante deutsche Wirtschaftsköpfe aus, die zusammen mit denen aus der Serie nun Teil des Buchs "Große Momente der deutschen Wirtschaftsgeschichte" sind.

Die Recherche dafür war intensiv. "Wir haben weltweit führende Wirtschaftshistoriker befragt, in Archiven nachgelesen und teilweise auch mit Zeitzeugen geredet", erzählt Bognanni. Er versichert: "Jedes Zitat in unserem Buch ist dokumentiert oder von Personen aufgeschrieben worden!" Sie hätten sich sogar Fotos zeigen lassen und selbst historische Wetterberichte gelesen, um die Personen in ihrem Buch detailgetreu wiederzugeben und selbst die betreffende Stimmung einzufangen.

So berichten Bognanni und Prange etwa von einem gewaltigen Wintersturm vor der kanadischen Küste am 9. November 1874, als Carl Siemens mit seiner Crew des Schiffs "Faraday" ein Telegrafenkabel auf dem Meeresgrund verlegen will. Diese Expedition ist nicht unwichtig für den späteren Aufstieg der Firma Siemens zum Weltkonzern.

Das Buch ist absolut lesenswert. Denn die Autoren haben nicht nur die notwendigen Fakten zusammengetragen, sie machen die beschriebenen "Wirtschaftsköpfe", von denen die meisten längst tot sind, in ihren Beschreibungen lebendig. Und sie zeichnen am Ende eines jeden Kapitels nach, welche Bedeutung der betreffende Mensch für die Nachwelt hat.

Nur einen kleinen Schönheitsfehler hat das Buch, der den Lesegenuss nicht wirklich einschränkt: Schön wäre es gewesen, wären den Kapiteln Fotos des Porträtierten beigefügt worden. Schließlich will der Leser wissen, wie die 19 Männer und die eine Frau ausgesehen haben bzw. aussehen. "Das hätten wir auch gerne gemacht", bestätigt Massimo Bognanni. Allerdings sei es schwierig gewesen, alle Bildrechten aufzutreiben.

Es soll nicht das letzte Buch des 32-Jährige sein. "Ich habe schon Ideen für ein weiteres", versichert der Hückeswagener. Das soll noch spannender werden - soll es doch um Wirtschaftskriminalität gehen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort