Achim Stollberg "Es muss stimmig auf der Bühne sein"

Hückeswagen · Der künstlerische Leiter der Kattwinkelschen Fabrik aus Wermelskirchen plant auch für die neue Saison mit bekannten Kabarettisten.

 Achim Stollberg verantwortet das Programm in der Kattwinkelschen Fabrik.

Achim Stollberg verantwortet das Programm in der Kattwinkelschen Fabrik.

Foto: Jürgen Moll

Wermelskirchen Achim Stollberg ist seit 25 Jahren das künstlerische Herz der Kattwinkelschen Fabrik. Im BM-Interview spricht er über seine Höhepunkte der nächsten Spielzeit, Künstler-Konstanten und Experimentierfreudigkeit in der Programmgestaltung.

Herr Stollberg, wie sieht das Fazit der vorigen Spielzeit in der Katt aus? Sind Sie zufrieden?

Achim Stollberg Die abgelaufene Spielzeit war im Großen und Ganzen erfolgreich. Kollegen haben ja über Einbrüche zum Beginn der Spielzeit im Herbst 2016 geklagt, das konnten wir bei uns zum Glück nicht feststellen. Es gibt immer Wellenbewegungen, aber es ist auf dem hohen Niveau der vergangenen Jahre mit konstanten Zuschauerzahlen durchgelaufen. Wir haben unseren Status Quo halten können.

Was waren Ihre Highlights?

Stollberg Auf jeden Fall die "Zucchini Sistaz" Anfang des Jahres. Das war großartig - obwohl es ein Sprung ins kalte Wasser war. Denn diese Damen kannte ja noch niemand hier, die haben noch nicht bei uns und auch nicht in der Region gespielt. Und wir haben uns schon gefragt, ob man dafür ein Publikum bekommt. Wir haben das Publikum erreicht, das war wunderbar. Die kleine Halle war voll, und die Damen sind zudem sehr gut angekommen. Das war ein Kick für die eigene Arbeit: Okay, probieren wir mal ein paar Sachen jenseits des Mainstreams aus! Sehr schön war auch, dass Gerd Dudenhöfer, ein echter Grandseigneur des deutschen Kabaretts, mit seiner Paraderolle als Heinz Becker zum ersten Mal in der Katt war. Sowohl das Programm als auch er als Mensch waren sehr beeindruckend. Dann ist noch Lars Reichow zu nennen, der erstmals bei uns gastierte - er hat uns dann gleich seinen Flügel verkauft und wir haben nun das Glück, einen echten "Reichow"-Flügel auf unserer Bühne zu haben. Das war auch eine sehr schöne Geschichte. . .

Und bei wem waren die Publikumsreaktionen am besten?

Stollberg Da darf ich wieder die "Zucchini Sistaz" nennen, denn die haben das Publikum sehr nachhaltig beeindruckt. Ich halte es ohnehin für eine größere Leistung, wenn ein neuer, noch eher unbekannter Künstler sein Publikum begeistert. Natürlich feierte das Publikum auch Künstler wie Johann König, Jürgen Becker und "Wildes Holz".

Gab es auch "gescheiterte Experimente"?

Stollberg Nein, ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Reaktionen aus dem Publikum tatsächlich mal eingebrochen wären.

Wie sieht die wirtschaftliche Situation aus?

Stollberg Wir stehen auf relativ sicheren Beinen.

Wie setzen sich die Eintrittspreise zusammen?

Stollberg Die Eintrittspreise hängen sowohl von den Forderungen der Agenturen, als auch von dem jeweiligen Status des Künstlers ab. Das muss man unter einen Hut bekommen. Die Tendenz geht aber eher zu höheren Preisen, vor allem, wenn man in Richtung Köln geht. Ich setze die Preise gerne ein bisschen runter, weil wir in der Katt eben auch einen etwas rustikaleren Charme haben. Dem müssen wir hier nunmal Rechnung tragen. Wir haben aber schon einen Spielraum, man muss sich halt mit den jeweiligen Agenturen absprechen und gut und überzeugend verhandeln können.

Gibt es den "klassischen" Katt-Besucher?

Stollberg Unser Publikum setzt sich je nach Veranstaltung ganz oft neu zusammen. Es gibt aber viele Stammgästen, die sich freuen, neue Künstler zu entdecken und gerne die beliebte Take-Five-Abo-Reihe nutzen. Was uns aber alle Künstler durch die Bank bescheinigen, ist, dass das Katt-Publikum sehr aufmerksam ist. Das mag auch ein wenig an der Architektur der Katt-Bühne in der kleinen Halle liegen: Denn der Gast betritt praktisch mit dem Künstler auf Augenhöhe den Raum - die Bühne ist ebenso hoch wie der Zugang in den Raum. Das schafft eine besondere Auftrittsatmosphäre.

Auf welche Höhepunkte darf man sich in der nächsten Spielzeit freuen?

Stollberg Wir müssen da jetzt nicht über Sebastian Puffpaff sprechen, oder über Jochen Malmsheimer, den ich über alles schätze und auf den ich mich sehr freue. Jenseits der großen Namen freue ich mich nämlich auch auf ein paar persönliche Highlights. Ein wenig angefixt durch die "Zucchini Sistaz", habe ich zwei, drei neue Künstler entdeckt, die ich in der Katt gerne präsentieren möchte. Zum einen ist das im November der Auftritt von Hans-Martin Stier mit seinem Programm "Stier Shipping Crew - 60.000 Seemeilen". Er erzählt aus seinem Logbuch, ist tatsächlich selber zur See gefahren. Dazwischen gibt es den einen oder anderen Song mit einer sehr hochkarätig besetzten Band. Im September war Christina Lux im Doppelkonzert mit Stephan Bormann und Jule Malischke hier, einem wundervollen Duo. Das war etwas weg vom Wort, vom Kabarett. Genau wie übrigens Stier, denn da bekommt man eine Geschichte erzählt. Und der Mann hat eine wundervolle Stimme, da muss man nur die Augen zumachen und ist schon unterwegs. Großartig wird auch "Robert Nippoldt und das Trio Größenwahn" im Januar. Die Musiker bringen 20er-Jahre-Songs aus der großen Berliner Cabaret-Zeit, etwa die "Seeräuber-Jenny" von Kurt Weill, während der begnadete Grafiker Nippoldt dazu Scherenschnitte macht und zeichnet, die im Hintergrund an eine Leinwand projiziert werden. Es ist ein sehr faszinierendes Programm.

Wie lange planen Sie im Voraus?

Stollberg Die Zahl der Veranstalter, die auf das Genre Wort setzen, ist ja in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Daher haben Leute wie Malmsheimer mindestens anderthalb Jahre Vorlauf. Natürlich geht immer auch mal spontan ein Termin, aber das ist schon schwierig. Ich bin in der Planung bereits jetzt schon Mitte 2019.

Gibt es Künstler, die in keiner Saison fehlen dürfen?

Stollberg Es gibt Künstler wie Nuhr, Malmsheimer, Puffpaff, Hagen Rether, Wilfried Schmickler oder Konrad Beikircher - da möchte ich auf jeden Fall alle Programme, die sie auflegen, präsentieren. Beikircher etwa war ja 1996 zum ersten Mal hier, und da ist es besonders spannend zu beobachten, wie er sich in seinem Dauerthema - das Rheinland - weiter fortbewegt. Und das begleiten wir in der Katt natürlich sehr gerne.

Wo sehen Sie neue Trends in der Kleinkunst?

Stollberg Ich beobachte eine gewisse Comedy-Lastigkeit. Das ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass es mittlerweile einige Comedy-Schulen gibt, etwa von Knacki Deuser. Oder die Kollegen von Rebell-Comedy, die viel Comedy mit Migrationshintergrund machen. Das ist schon sehr spannend, wie sie als Deutsche, eben mit dem sogenannten Migrationshintergrund, eine ganz besondere Sichtweise auf die Dinge präsentieren. Aber gänzlich neue Trends erkenne ich da nicht. Bei der Comedy ist es mir oftmals zu profan. Mir fehlt bei vielen jungen Künstlern die Authentizität - man kann oft erkennen, von welcher Schule sie kommen. Satz eins, Satz zwei, einmal vor, einmal zurück - und dann: die Pointe. Was haben wir gelacht. Das Gegenbeispiel dafür ist Jürgen von der Lippe. Meiner Meinung nach einer der besten Entertainer in Deutschland - wenn man seinen Witz mag. Das ist aber authentisch, dem Typ nimmt man das ab, was er erzählt. Bei vielen jungen Comedians denke ich mir dagegen: 'Das ist ja ganz nett, aber das nehme ich dir nicht ab. Mit 21 willst du mir das jetzt erzählen?' Das ist oft einfach nicht stimmig. Auf der anderen Seite gibt es große Talente, die aus dem Poetry Slam kommen und abendfüllende Programme haben. Hier kann man vor allem Sebastian 23, Moritz Neumeier oder Quiotte nennen, die absolut authentisch sind: Authentizität ist das A und O, das ist ein Bühnenparameter, der stimmen muss. Das merkt gerade das Publikum der Katt.

Wenn Sie die freie Wahl hätten: Welchen Künstler würden Sie unbedingt einmal in der Katt sehen wollen?

Stollberg Die Biermösl Blosn in der Originalbesetzung mit Gerhard Polt - aber das ist wohl leider nicht mehr möglich. Ansonsten ist das alles schon sehr, sehr schön, was zu uns kommt.

DAS INTERVIEW FÜHRTE WOLFGANG WEITZDÖRFER

(RP)
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