Hückeswagen Chance für Jugendliche in Gastfamilien

Hückeswagen · Im Projekt "JuMeGa" des Jugend- und Sozialwerks Gotteshütte können verhaltensauffällige Jugendliche in Gastfamilien unterkommen. Das Angebot gibt es in Hückeswagen seit 2012. Derzeit ist ein Jugendlicher auf diese Art untergebracht.

 Jochen Tweer im Gespräch mit einem Jugendlichen. Die Chemie zwischen dem Jugendlichen und seiner neuen Gastfamilie muss stimmen - das ist ein Prozess, der nicht in einer Woche erledigt ist.

Jochen Tweer im Gespräch mit einem Jugendlichen. Die Chemie zwischen dem Jugendlichen und seiner neuen Gastfamilie muss stimmen - das ist ein Prozess, der nicht in einer Woche erledigt ist.

Foto: wolfram heidenreich

Man wünscht es niemandem,manchmal lässt es sich jedoch nicht vermeiden: Aus den verschiedensten Gründen können mitunter Kinder und Jugendliche nicht dauerhaft, teilweise auch überhaupt nicht mehr bei ihren leiblichen Eltern leben. An dieser Stelle kommt in Hückeswagen oft der Verein Gotteshütte mit seinen zahlreichen Hilfsangeboten ins Spiel; im vergangenen Jahr feierte der Verein seinen 60. Geburtstag.

Seit 2012 gibt es mit "JuMeGa" einen weiteren Angebotsbaustein, der ursprünglich aus Süddeutschland stammt; die Abkürzung bedeutet: "Junge Menschen in Gastfamilien". Der Begriff ist geschützt, entwickelt wurde das Konzept vor 15 Jahren von der Einrichtung Arkade aus Ravensburg, auf Bundesebene gibt es einen Anbieterverband, der "JuMeGa" deutschlandweit umsetzt.

Die Zielgruppe von "JuMeGa" sind verhaltensoriginelle Jugendliche. In Hückeswagen ist Jochen Tweer, Leiter des Fachbereichs "Kinder- und Jugendwohnen", für die Umsetzung von "JuGeMa" zuständig: "Unser Angebot richtet sich vor allem an Jugendliche ab zwölf Jahren, bei denen ein Hilfebedarf vorhanden ist, die aber nicht in eine der sonstigen Wohngruppen passen", sagt er.

Die Gastfamilien sollen bewusst keine ausgebildeten Pädagogen sein, sie müssen lediglich ein Gesundheitszeugnis und ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen sowie über ein geregeltes Einkommen verfügen. "Damit soll verhindert werden, dass die Gastfamilien auf das Pflegegeld für die Kinder angewiesen sind", sagt Tweer. Ansonsten spielt es keine Rolle, wie alt die Bewerber sind, ob sie eigene Kinder haben oder nicht. Ebenso wenig, ob eventuell vorhandene Kinder noch zu Hause wohnen oder schon ausgezogen sind. Es müssen auch keine Paare sein, es können sich auch Einzelpersonen für "JuMeGa" bewerben. Ideal seien jedoch Paare um die 50, die schon viel Erfahrung mit ihren eigenen Kindern gesammelt haben und für einen gewissen Zeitraum eine Gastgeberfamilie stellen können.

Natürlich ist es von besonderer Wichtigkeit, dass die Chemie zwischen dem Jugendlichen und seiner neuen Gastfamilie stimmt. "Das ist ein Prozess, der nicht in einer Woche erledigt ist. In vier bis fünf Treffen prüfe ich gemeinsam mit allen Beteiligten ganz genau, ob sie zusammenpassen", erläutert Tweer. Auch sämtliche administrativen Aufgaben im Hintergrund, wie Biografiearbeit, Kontakt zum Jugendamt und zu Beratungsstellen sowie zu den leiblichen Eltern, übernimmt die Gotteshütte.

Tweer hat einen Traum für das "JuMeGa"-Projekt: "Ich wünsche mir immer noch, dass wir einen Schäfer finden, der dazu bereit ist, einen Jugendlichen aufzunehmen und mit ihm durch die Lande zu ziehen. Damit sich der Jugendliche so selbst kennenlernen kann." Diese Idee geht auf einen ähnlich gelagerten Fall zurück, den Tweer in Ravensburg gesehen hat. "Da war ein Hopfenbauer, der hat ein junges Mädchen aufgenommen, das dauerhaft auf der Straße lebte und nicht dazu zu bewegen war, bei seinen Eltern oder in einer Einrichtung zu bleiben. Der Bauer hat dem Mädchen dann einen Wohnwagen zur Verfügung gestellt." Tatsächlich hat es funktioniert, und das Mädchen ist zur Ruhe gekommen.

Derzeit gibt es in "JuMeGa" einen Jugendlichen in Hückeswagen, der das Angebot nutzt. "Es ist ein schwieriger Prozess, bis man passende Teilnehmer beisammen hat. Wir hatten aber auch schon mal parallel drei Gastfamiliensituationen", erzählt Tweer. Dazu komme, dass die Jugendlichen sich meist in Extremsituationen befinden; oft ist das so schlimm, dass selbst die Hilfsorganisationen ratlos sind. "Da steckt immer eine enorme Vorgeschichte dahinter", sagt Tweer. Wenn passende Teilnehmer gefunden seien, liege in "JuMeGa" eine riesige Chance für alle Beteiligten.

(wow)
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