Hückeswagen BGV arbeitet die Geschichte Hückeswagens in der NS-Zeit auf

Hückeswagen · Das 56. Mitteilungsblatt "Leiw Heukeshoven" des Bergischen Gesichtsvereins widmet sich einem dunklen Kapitel der Stadt.

 NS-Mitglieder 1935 im Ratssaal; in der Mitte sitzt Bürgermeister Albert Gimbel - eines der wenigen Bilder, auf denen er zu sehen ist.

NS-Mitglieder 1935 im Ratssaal; in der Mitte sitzt Bürgermeister Albert Gimbel - eines der wenigen Bilder, auf denen er zu sehen ist.

Foto: BGV-Archiv

Er schwebt wie ein Geist durch die Hückeswagener Geschichte, dennoch steht er für die wohl dunkelsten Jahre der Schloss-Stadt: Albert Gimbel. Wenige Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten (NS) am 31. Januar 1933 übernahm der gebürtige Westerwälder die Amtsgeschäfte als Bürgermeister von Hückeswagen. Am 13. April 1945 floh er vor den heranrückenden amerikanischen Truppen. Das ganze "1000-jährige Reich" über war Gimbel Hückeswagens Bürgermeister, doch Fotos von ihm scheinen eine Seltenheit zu sein; Porträtaufnahmen existieren offenbar gar nicht.

13 Seiten widmet die Hückeswagener Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins (BGV) in ihrem aktuellen "Leiw Heukeshoven" dem NS-Bürgermeister und veröffentlicht dazu einen Aufsatz ihres ehemaligen, 2009 verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden Karl-Rainer Illgen. Zwar sind in der 56. Auflage des Mitteilungsblatts auch wieder allgemeine historische Artikel zu finden - darunter zwei des Anfang November verstorbenen Mitglieds Franz Mostert -, der Schwerpunkt liegt aber auf der Aufarbeitung der NS-Zeit in Hückeswagen. Allein drei der vier Artikel zu diesem Themenkomplex hat der ehemalige BGV-Vorsitzende Fredi K. Roß geschrieben.

Darin geht es etwa um die Verfolgung der Pfarrer Gerhard Rottlaender (katholisch) und Karl Robert Emil Hasenburg (evangelisch), die beide die NS-Zeit überlebten. Roß wirft zudem einen Blick auf die Verfolgung anderer Hückeswagener. Und er widmet sich dem Wuppertaler Konzentrationslager Kemna und dessen Häftlingen aus der Schloss-Stadt.

"Ich halte dieses Thema für ganz wichtig", sagt Roß im Gespräch mit unserer Redaktion. Denn die Entwicklungen in Deutschland (AfD), Europa (Frankreich, Polen, Ungarn, Türkei) und der Welt ("von Trump will ich gar nicht erst sprechen") mache ihm Angst. Im neuen "Leiw Heukeshoven" versucht der BGV anhand von Unterlagen aus dem Landesarchiv NRW darzustellen, wie Hückeswagener Bürger in der zwölfjährigen NS-Zeit verfolgt, schikaniert und - in einem im Buch nachzulesenden Fall - getötet wurden. Aufgeführt sind etwa 44 Fälle nach den Akten von Polizei und Gerichten. Zudem beschreibt Roß die Leiden der Inhaftierten im nahen KZ Kemna. "Den Abschluss über die NS-Zeit wird es nächstes Jahr geben", teilt der Autor mit. Im 57. Mitteilungsblatt widmet sich der BGV dann der Hückeswagener Presse ab 1930.

Ein weiteres Hauptkapitel der aktuellen Ausgabe ist der Geschichte der Post in der Schloss-Stadt, die aus alten Unterlagen im Archiv zusammengestellt wurde. Zudem bringt der BGV ein weiteres Buch heraus: "Hückeswagen - von der Wassermühle zum Hightech-Unternehmen" ist auf der Basis des ersten Staatsexamens von BGV-Mitglied Ingo Schaffus, Lehrer der Montanusschule, entstanden. Dieses Sonderheft widmet sich der Industriegeschichte Hückeswagens vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.

Verkauf Beide Bücher sind ab sofort in der Bergischen Buchhandlung, Bahnhofstraße, und im Schreib- und Bastelbedarf Cannoletta, Islandstraße, zu erhalten. "Leiw Heukeshoven" (93 Seiten) kostet zehn Euro, die Wirtschaftsgeschichte (84 Seiten) 9,50 Euro. Mitglieder der BGV-Ortsabteilung erhalten sie kostenfrei.

(RP)
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