Rückblende Hückeswagen Vor 160 Jahren Als der Traum von Bad Hückeswagen platzte

Hückeswagen · hückeswagen Einem gewissen örtlichen "Jocus-Club" war es im Sommer des Jahres 1856 gelungen, den Bürgern von Stadt und Land Hückeswagen "einen Bären aufzubinden". Als Luftkurort war die gern sogenannte Perle des Bergischen Landes wegen ihrer waldreichen Umgebung und ihres Wasserreichtums von schwärmerischen Orts-Aufwertern "an höchster Stelle" ins Gespräch gebracht worden. Jetzt aber sollte es nach der Vorstellung von einigen "qualifizierten" hiesigen Bürgern mit "Fachverstand" auch gleich Heilbad werden. Dem kam eine altbekannte Quelle im "Karberg" entgegen, die der "Jocus-Club" für seine öffentlich gemachte Aktion ausersehen hatte.

 Die Karquelle im Wald über der Wupper-Vorsperre ist noch auszumachen. Allerdings wirkt das Ganze doch inzwischen ungepflegt.

Die Karquelle im Wald über der Wupper-Vorsperre ist noch auszumachen. Allerdings wirkt das Ganze doch inzwischen ungepflegt.

Foto: H. Kämmerich

hückeswagen Einem gewissen örtlichen "Jocus-Club" war es im Sommer des Jahres 1856 gelungen, den Bürgern von Stadt und Land Hückeswagen "einen Bären aufzubinden". Als Luftkurort war die gern sogenannte Perle des Bergischen Landes wegen ihrer waldreichen Umgebung und ihres Wasserreichtums von schwärmerischen Orts-Aufwertern "an höchster Stelle" ins Gespräch gebracht worden. Jetzt aber sollte es nach der Vorstellung von einigen "qualifizierten" hiesigen Bürgern mit "Fachverstand" auch gleich Heilbad werden. Dem kam eine altbekannte Quelle im "Karberg" entgegen, die der "Jocus-Club" für seine öffentlich gemachte Aktion ausersehen hatte.

Am 4. August 1856 schrieb das "Volksblatt für Hückeswagen": "Im Rauschsiepen in einem kleinen Eichenwäldchen unter einem fast unzugänglichen Gestrüpp liegt eine Quelle, die ihres klaren, kohlensäurehaltigen Wassers in der neuesten Zeit große Sensation erregte. . ." Im Artikel sagte man dem Genuss des Heilwassers aus der sogenannten Charquelle "rekonvaleszierende Wirkung" bei Hämmorhodialbeschwerden und rheumatischen Erkrankungen zu. Das Wasser sei "weder zu hart noch zu weich", farb- und geschmacklos und somit "mithin gut verdaulich".

Bei eingesandten Proben allerdings war dann aber die zuvor gepriesene "Geschmacklosigkeit" von den "Jocus"-Heil-Enthusiasten mit Emser Pastillen und löslichen Karlsbader Oblaten versetzt worden. Kurz, der Schwindel flog auf. Aufgrund damals bereits bestehender Querverbindungen im örtlichen Klüngel blieben die "Jocus"-Mitglieder ungestraft. Doch Bad Hückeswagen erwies sich als bergisch belächelter Flop.

Die Quelle, in Hückeswagen "Kar-Quellchen" genannt, blieb hingegen über viele Jahrzehnte eines der beliebtesten Naherholungsziele. Nachdem noch am 15. August 1856 "unzählbare Hückeswagener unter dem Eindruck der Heilquelle" mit Musik und Gesang zum "Rauschsieper Charwäldchen" hinausgewandert waren, kam nach der ernüchternden Wasser-Expertise zuerst einmal eine Art Resignation auf. Dann aber war es der Verschönerungsverein, der "datt Karquellchen" mit seiner von Ernst Bornefeld dazu geschenkten Umgebung aufwertete. Als die Quelle mit Löwenkopfzier kunstvoll eingefasst, ein Pavillon und eine Sennhütte mit Bewirtschaftung neben dem Quellteich angelegt waren und viele Ruhebänke diese "Oase der Erholung" umstanden, sprach der Volksblatt-Redakteur von einer "Alpenseelandschaft im Taschenformat".

Am 30. Juli 1893 weihte der Verschönerungsverein die Anlagen rund um die Karquelle mit einem großen Festakt ein. Für viele Jahre blieben die Karquelle und seine gepflegte Umgebung Naherholungsziel Nr. 1 für Hückeswagener und seine Gäste. Inzwischen aber ist es, wie es im "Riesenspielzeug" von Chamisso heißt, "selbst zerfallen, die Stätte wüst und leer". Der Karquellgrund ist kaum noch zugängig. Das pseudo-geschichtsträchtige Heilwasser-Spektaculum ist sang- und klanglos in die Geschichte eingegangen.

(rt)
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