Sucht-Beratungsstelle So viele Hanfkonsumenten wie nie zuvor

Hückelhoven · Mehr Klienten der Beratungsstelle für Suchtfragen im Kreis Heinsberg konsumieren illegale Drogen. Dabei ist Cannabis auf dem Vormarsch.

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Foto: dpa, obe fpt hjb lre

"Wir blicken auf 30 Jahre Bestehen zurück", sagte Marlies Trapp, Leiterin der Suchtberatungsstelle von Caritas und Diakonie in Hückelhoven, bei der Vorstellung des Jahresberichts 2015. "Und wir sind stolz darauf, dass wir mit einem qualifizierten Team nach wie vor unsere Arbeit leisten." 19 Jahre ist die Diplom-Psychologin schon in der Beratungsstelle für Suchtfragen tätig, die im Vorjahr von der Parkhof- zur Dinstühlerstraße ins Haus der Caritas gezogen ist und dort eine ungebrochen hohe Nachfrage nach Beratung verzeichnet.

Die Mitarbeiterzahl war 2015 unverändert (sechs in der Beratung), doch die schon 2014 um 5,3 Prozent gestiegene Nachfrage steigerte sich nochmals um 3,4 Prozent. 633 Menschen (drei Jahre zuvor 599, dann 581 und 612) nahmen Beratungsgespräche in Anspruch. Weil die Qualität unter der höheren Klientenzahl nicht leiden soll, wurde schon vor zwei Jahren eine Warteliste eingeführt. Nach einer Erstberatung in der offenen Sprechstunde beträgt die Wartezeit für weitere Gespräche drei bis vier Wochen. 202 Ratsuchende ließen es bei einem Kontakt bewenden, 431 nahmen mehrere Gespräche in Anspruch. "Das war die höchste Zahl an Intensivklienten jemals", unterstrich Trapp.

Unverändert blieb die Geschlechterquote - rund 60 Prozent Männer, im Schnitt waren davon 13 Prozent 45 bis 50 Jahre alt, und 40 Prozent Frauen, von denen 14 Prozent 55 bis 60 Jahre alt waren. Jeweils sechs Prozent der Klienten waren unter 18 und über 60. Die für den gesamten Kreis Heinsberg zuständige Beratungsstelle wird aufgesucht von Menschen, die mit Alkohol - unangefochten Suchtmittel Nummer 1 -, Drogen, Nikotin, Medikamenten, dem pathologischen Glücksspiel oder dem Essverhalten Probleme hatten, sowie von deren Angehörigen. 465 Klienten (73 Prozent) kamen wegen eigener Suchtproblematik, 168 (27 Prozent) waren Bezugspersonen.

Seit 2013 ist die Zahl derer, die ein Alkoholproblem angeben, rückläufig. Dafür verzeichnen die Berater einen höheren Anteil (240 Klienten), die illegale Suchtmittel konsumieren. "Das in früheren Jahren eher ausgeglichene Verhältnis beginnt sich seit 2014 in Richtung einer Zunahme von Klienten mit illegalem Drogenkonsum zu verschieben", sagte die Leiterin der Beratungsstelle. Neu ist nach ihrer Erfahrung auch: "Noch nie kamen so viele Klienten mit einer Cannabis-Problemtik in unsere Beratung." Überwiegend junge Männer geben Hanfkonsum an, der größte Teil wird von Jugendeinrichtungen oder Strafverfolgungsbehörden überwiesen. Haschisch kann nicht mehr als harmlos eingeschätzt werden, betont die Psychologin. Der deutlich höhere THC-Wirkstoffgehalt führe zu schweren gesundheitlichen Problemen. "Die Jugendlichen bekommen soziale Probleme, kommen in der Schule nicht mehr mit, werden psychotisch und landen oft in der Psychiatrie. Wenn dieses hochpotente Cannabis auf ein nicht ausgereiftes Gehirn trifft, hat das schwere psychiatrische Folgen."

Auffällig ist in der Statistik die Zunahme an Spielern. Waren das 2014 noch mit 13 Personen doppelt so viele wie ein Jahr davor, verzeichnet der Jahresbericht 2015 wiederum zehn mehr, die in der Regel nicht von Glücksspielautomaten lassen können. Pathologischer Internetkonsum wird als nicht problematisch eingeschätzt.

Gut ausgelastet ist laut Trapp das Angebot der ambulanten Suchttherapie - wohnortnah und berufsbegleitend. Die haben bisher schon 648 Menschen abgeschlossen. Freie Plätze gibt es noch in der Gruppe von Eltern abhängiger erwachsener Kinder. Ab wann ist Hilfe keine mehr? Was macht mein Leben sonst so aus, wenn sich nicht mehr alles um die Sucht dreht? "Hier können Eltern ins Rettungsboot steigen und wegrudern, um ihren eigenen Weg zu finden", beschrieb Trapp das kostenfreie Angebot, zu dem es über die offene Sprechstunde (Dienstag 16 bis 19 Uhr, Donnerstag 9 bis 12 Uhr) einen Zugang gibt.

(RP)
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