Hückelhoven Schachtturm im Modellbahn-Format

Hückelhoven · In Schacht VI/HK in Ratheim kam 1964 der erste Großraum-Kohleförderwagen zu Tage, am 27. März 1997 die letzte Lore. Nach dem Aus für Sophia-Jacoba wurde der Förderturm gesprengt. Ex-Kumpel Norbert Gotzmann hat ihn nachgebaut.

 Heute ist Wiese da, wo einst der Ratheimer Schachtturm VI/HK stand. Norbert Gotzmann hat das Modell an den ursprünglichen Ort des "Originals" gebracht.

Heute ist Wiese da, wo einst der Ratheimer Schachtturm VI/HK stand. Norbert Gotzmann hat das Modell an den ursprünglichen Ort des "Originals" gebracht.

Foto: Gotzmann

Als die Ratheimer Fördertürme von Sophia-Jacoba gesprengt wurden, war das ein emotionaler Moment für Norbert Gotzmann. 13 Jahre hatte er auf der Zeche gearbeitet. Die Ausbildung zum Berg- und Maschinenmann hatte er 1981 begonnen, dann war er unter Tage, die letzten Jahre in der Lampenstube von Schacht 4. Er hielt auf einem Video fest, wie am 3. Dezember 1998 die Zwillingstürme in einer riesigen Staubwolke zu Boden sanken. Den größeren Turm, Schacht VI/HK, hat er vor sechs Jahren "auferstehen" lassen: als Modell Marke Eigenbau.

Der 52-Jährige, der in Krickelberg wohnt, hat das Original noch in Aktion erlebt: "Oben im Turm lief die Seilscheibe, unten war die Kohleverladung, da fuhren die Waggons unter dem Querbau durch." Als sein Schwager vor sechs Jahren Geburtstag feierte, kam Norbert Gotzmann die Idee, als Geschenk den Turm für dessen H0-Modelleisenbahn-Anlage nachzubauen. "Nicht maßstabgetreu, mehr aus dem Bauch heraus", sagt der leidenschaftliche Bastler und Hobbyfotograf, der sich Bilder aus dem Internet als Vorlage nahm. Hinter Schacht VI lag der "erstgeborene Zwilling", Schacht IV. Völlig identisch waren sie nicht, denn Schacht VI/HK überragte den 1954 gebauten Schacht IV mit seiner Höhe von 75,09 Metern um 7,75 Meter. Das fiel im Gelände nicht ins Auge, denn Schacht VI/HK lag rund 150 Meter weiter tiefer im Rurtal.

"Wie fang' ich an?" war die erste Frage, doch die passenden Ideen kamen dem Tüftler schnell. Ein Hohlrohr aus dem Teppichladen, Sperrholz, rotes und dunkelgraues Schmirgelpapier für Außenwände und Dächer, feine Hölzchen - das waren die Bauteile, die in gut drei Monaten Arbeit zum Turm mit Verladegebäude wurden. Die quadratische Struktur der Turm-Außenhaut ritzte der Bastler mit dem Teppichmesser ein, am Ende wurde der Turm grau gestrichen. Im roten Quer-Unterbau sind kleine Lampen aus dem Modellladen und Kabel für eine 12-Volt-Batterie eingebaut, so kann der Turm bis auf die Aussichtsplattform ganz oben beleuchtet werden. "Das war eine Fummelei", erinnert sich Norbert Gotzmann. Die aber hat Spaß gemacht. Der Winter ist Bastelzeit. Auch Ehefrau Sigrid werkelt gern, macht Deko für das Eigenheim, streicht Möbel an oder baut mit Paletten. Norbert Gotzmann hat einige Krippen gebaut und ein Modell vom Alten Rathaus Ratheim, das jetzt ebendort im Trauzimmer steht. Zeichnen kann er auch: Die erste "Hückelhoven-Tasse" aus der Serie der Weihnachtstassen hat er 2008 entworfen - sie zeigt das schneebedeckte Rathaus, die Millicher Halde, Schacht 3 und Weihnachtsmarktbuden. Damit hatte er unter 30 Vorschlägen einen Malwettbewerb und 300 Euro gewonnen. Die Auflage von 500 Tassen war binnen kurzer Zeit ausverkauft. Die Tassen sammelt das Paar, das sechs Kinder hat, bis heute.

2010 kaufte sich Gotzmann eine Digitalkamera, eine Canon EOS 600D. Mit der streift er durch die Heimat und fotografiert Landschaften und Tiere. Dabei gelingen die besten Bilder spontan beim Spaziergang mit dem Hund, im eigenen Garten, auf dem Weg zur Arbeit. Wie manch beeindruckende Fotos auf seiner Homepage (www.norbertgotzmann.de) zeigen, war der Hobbyfotograf oft zur rechten Zeit am richtigen Ort. Etwa, als er auf seiner neuen Arbeitsstelle, dem RWE-Tagebau Hambach, im Vorübergehen zwischen Streben ein Nest mit einem frisch geschlüpften Vögelchen sah und den Moment mit der Kamera einfing. Und er hatte viel Geduld - bis ein mit Nüssen gelocktes Eichhörnchen auf der alten Minolta saß und er den Fernauslöser drückte.

Erinnerungen an Sophia-Jacoba hat der Bergmann, seit 1994 Erdgerätefahrer bei RWE, auch an seinem Haus: im Vorgarten eine auf Schienen montierte Lore und eine alte Streblampe. Die Erinnerung an Schacht VI/HK, ein Foto seines Modells, hat er kürzlich mit der Facebook-Gemeinde geteilt.

(gala)
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