RP-Serie: Heimat Rittergut Haus Blumenthal als Lebensaufgabe

Hückelhoven · Zeugnisse jahrhundertealter Steinmetzkunst atmen die Geschichte eines Adelssitzes, dessen Ursprünge um das Jahr 1000 liegen. Betondecken im sanierten Herrenhaus tragen den Erhalt des Kleinods für die nächsten Jahrzehnte. Haus Blumenthal zu restaurieren, war Lebenswerk von Josef Busch. Er hat dem Rittergut zu neuem Glanz verholfen.

 Dem ursprünglichen Zustand annähern wollte Josef Busch die Ritterburg. Der Saalbau (re.) mit Rittersaal und Fürstenzimmer (darüber) diente in den 1920er Jahren als nobles Tanzlokal, danach als Lichtspielhaus. Das entkernte und sanierte Herrenhaus ist bewohnt. Über dem Torbogen links stehen nur Außenmauern.

Dem ursprünglichen Zustand annähern wollte Josef Busch die Ritterburg. Der Saalbau (re.) mit Rittersaal und Fürstenzimmer (darüber) diente in den 1920er Jahren als nobles Tanzlokal, danach als Lichtspielhaus. Das entkernte und sanierte Herrenhaus ist bewohnt. Über dem Torbogen links stehen nur Außenmauern.

Foto: LAASER

Der Pumpenstein im Innenhof vor dem Herrenhaus ist an die Tausend Jahre alt. Über die vertikalen Rillen, Spuren vom Behauen, wächst Moos, das Innere des Bassins hat die heutige Bewohnerin von Haus Blumenthal herbstlich bepflanzt. Vor 30 Jahren ist das Rittergut am Rande Brachelens für Renate Auer zur Heimat geworden, die ihr Lebensgefährte Josef Busch mit ihr geteilt hat. Vor einem Jahr, am 29. Oktober, starb der letzte "Herr auf Blumenthal", seither hütet sie den einstigen Adelssitz. Sohn Thomas Busch, der mit Frau und drei Kindern in Heinsberg wohnt, will den Privatbesitz der Öffentlichkeit zugänglich machen. So pulste beim Apfel- und Heimatfest wieder pralles Leben zwischen uralten Mauern.

 Im Erdgeschoss des stilvoll eingerichteten Herrenhauses sind noch historische Türen erhalten. Im Sonnenlicht leuchten Glasornamente in Blau und Rot hell auf. Schmuckstücke aus alter Zeit wie dieses lassen auch die Augen der Bewohnerin leuchten.

Im Erdgeschoss des stilvoll eingerichteten Herrenhauses sind noch historische Türen erhalten. Im Sonnenlicht leuchten Glasornamente in Blau und Rot hell auf. Schmuckstücke aus alter Zeit wie dieses lassen auch die Augen der Bewohnerin leuchten.

Foto: Laaser

Haus Blumenthal war für das Paar nicht bloß Wohnsitz, es war eine Leidenschaft. Josef Busch ließ den 1824 für Wirtschaftsgebäude geschaffenen Durchbruch zum Kino wieder aufmauern, überflüssig gewordene Stahlträger entfernen, eine Betondecke über dem Rittersaal gießen, Fenster einsetzen, das Dach neu decken. Vom "Lichtspielhaus Brachelen" - die Leinwand stand am Ende des Rittersaals - steht noch ein Anbau, der Vorführtechnik beherbergte. Davor hat Busch eins von zwei Häusern abreißen lassen, das frühere Erben zur Straße hin gebaut hatten. Den durch Erbstreit zerfaserten Besitz hat er durch Landkauf geeint. Drei Parteien hatten nach Erbfall 1840, so wird berichtet, Gemälde mitgenommen, Marmorkamine ausgebaut. Zur Jahrtausendwende verschwand von der Ecke der Außenmauer ein Löwe mit Wappenschild, der einst einen Giebel des Renaissancebaus geziert hatte.

Beim Besuch der Redaktion blättert Renate Auer in dicken Alben, in denen der Burgherr jede Maurerarbeit mit Originalsteinen im Foto festgehalten hat. Heinz-Peter Schiffer, dessen Frau Buschs Cousine ist, erzählt aus der Historie. Er hat fünf Jahre in deutschen und niederländischen Archiven recherchiert und akribisch die Geschichte der Adelshäuser aufgeschrieben.

Beide kennen noch Josefs Eltern Franz und Sybilla Busch. Die erzählten vom II. Weltkrieg, Bomben hätten ringsum Krater geschlagen, den Bau aber nicht getroffen. Sybilla Buschs Totenzettel (6. 12. 1908-4. 4. 2003) trägt ein Bild der "Mutter Gottes von Blumenthal", eine aus einem Buchsbaumstück geschnitzte Skulptur, die früher in einer Nische über dem Hauseingang stand. Sie vermachte den Nachkommen ein in Leder gebundenes Buch, in dem der heutige Betrachter mit Ehrfurcht blättert. Auf vergilbten Blättern stehen geometrische Figuren, die "Anleitung, ein gleichschenkeliges Dreieck zu construieren", zudem die Stammtafel der Familie, in roter und schwarzer Tinte gezeichnete Wappen und Ritterhelme. In akkurater Schrift und engen Zeilen ist die Geschichte des Hauses und seiner Bewohner niedergeschrieben. Renate Auer ist ebenfalls fasziniert von der Historie der Burg, hat in langen Telefongesprächen selbst geforscht. "Das war aufregend und interessant", fand sie. Relikte wie eine Kanonenkugel aus Mahagoni oder ein selbst ausgegrabenes Gewicht der einstigen Zugbrücke pflegt sie liebevoll. Ihre Wohnung mit Blick auf weite Wiesen und alte Bäume empfindet sie als Ruheoase. "Hier kenne ich jeden Winkel. Das Knacken der alten Balken in der Sommerhitze ist mir vertraut." Die Liebe ihres Partners zur Ritterburg fasst sie in einem Satz zusammen: "Josef hat sein Leben geopfert für Blumenthal."

(gala)
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