Hückelhoven Region und die weite Musikwelt im Blick

Hückelhoven · Vor 22 Jahren gründeten Musikfreunde aus Hückelhoven den Verein "con brio - Freunde der Kammermusik". Das Konzept, Künstler aus der Region ebenso vorzustellen wie international arrivierte Solisten, kommt an.

Ist die ehemalige Zechen- und Bergarbeiterstadt ein Pflaster für ein klassisches Konzertleben? -Nein, meinte der WDR, als er seinerzeit seine anspruchsvolle Konzertreihe in der Aula Hückelhoven einstellte - mangels Publikumsinteresse. Rudolf Lengersdorf, Vorsitzender der mittlerweile seit 22 Jahren bestehenden Kammermusikfreunde "con brio", erinnert sich noch lebhaft an diese Zeit, die letztlich Auslöser war für den von ihm mitgegründeten Verein.

Eine kleine Gruppe von Musikfreunden wollte das Gegenteil beweisen, dass eben doch was geht in Hückelhoven. Ein privat organisiertes Konzert mit Lengersdorfs Sohn Heinz (Piano) und dem Violinisten Takashi Bernhöft lockte im Dezember 1993 rund 300 Besucher in die Aula, was zeigte, dass gezielte Werbung und persönliche Kontakte über die Stadtgrenzen hinaus Publikum nach Hückelhoven ziehen.

Das wollte man ausbauen in einem Verein. Neben Lengersdorf gehörten seine Frau Elfriede und Waltraut Witzler dann zum kommissarischen Gründungsvorstand, der ein erstes Konzert in der Bücherei des Gymnasiums organisierte, bei dem sich auf einen Schlag 20 Mitglieder für den neuen Verein anmeldeten, der kurz darauf offiziell gegründet wurde. Sein Name "con brio" - mit Schwung - sollte Programm sein.

Als ersten Vorsitzenden gewann man den als Musiklehrer am Hückelhovener Gymnasium und zugleich als Komponist hochgeschätzten Kurt Hopstein, seine Stellvertreterin wurde Waltraut Witzler, Lengersdorf Geschäftsführer. "Das nächste Konzert mit Martin Schelhaas (Klavier) und Mina Song (Sopran) fand bereits vor 90 Besuchern im Foyer der Aula statt, beim dritten Konzert nutzten wir schon die Aula", erzählt Lengersdorf. Der junge Verein stellte sechs Konzerte im Jahr mit bis zu 200 Besuchern auf die Beine.

Was sein Profil - und wohl auch Erfolgsrezept - anbelangt, ist sich "con brio" im Grunde seit den Anfängen treu geblieben. Immer im Blick waren dabei junge Künstler aus der Region, von denen etliche heute als Profis auf überregionalen Konzertpodien als Solisten, Dirigenten oder Konzertmeister großer Orchester zu Hause sind und auch als "Etablierte" immer wieder ihren Weg zurück zu Konzerten in die Heimat finden. Lengersdorf erwähnt unter anderem Eva Lüdenbach, Lothar Odinius, Guido Kunze, Thomas Strökens, Martin Schelhaas oder Eva Sevenich. Nicht zu vergessen seine Musikersöhne Heinz und Jörg Lengersdorf, die mehrfach gemeinsam und mit Kollegen bei "con brio" auftraten. Beide setzten Akzente unter anderem durch die Uraufführung von Hopstein-Kompositionen. Auch weitere Werke etwa des Schweizer Komponisten Josef Kost erlebten in "con brio"-Konzerten ihre Uraufführung.

"Stolz sind wir natürlich darauf, dass auch prominente und preisgekrönte internationale Musiker in Hückelhoven auftraten und auftreten", sagt Lengersdorf und nennt beispielhaft die Echo-Klassik-Preisträger Annette Mayburg und Dorothee Oberlinger (Flöte) oder Sophie Pacini und Florian Noack (Piano).

Wie kommt man an die Künstler? Interessant ist, dass "con brio" dabei selten den bürokratischen Weg über Agenturen geht. Lengersdorf putzt lieber selbst Klinken, spricht Künstler unmittelbar an, scheut sich auch nicht, nach Konzerten an Künstlergarderoben etwa des bekannten Pianisten Lars Vogt anzuklopfen. Klar, dass auch seine Musikersöhne Heinz und Jörg und andere "con brio"-Künstler wiederum Kollegen ansprachen und Kontakte vermittelten. "So ist nach und nach ein richtig schönes Netzwerk gewachsen", freut sich Lengersdorf.

Dass "con brio" in Hückelhoven Musikfreunde aus der weiten Umgebung anzieht, freut ihn. Auch dass die Stadt und Hauptsponsor Volksbank Erkelenz durch ihre Förderung die Qualität des Programms sichern helfen. 100 Mitglieder zählt der Verein derzeit. 80 bis 160 Besucher zu den Konzerten seien ein guter Schnitt, meint der Vorsitzende.

Klassik ist und bleibt zwar das Herzstück von "con brio", aber hin und wieder sprengt der Verein, so Rudolf Lengersdorf, auch gerne die Grenzen hin zur leichten Muse, zu Jazz oder Folklore. So etwa beim traditionellen Kaffeekonzert zum Stadtmusikfest am kommenden Sonntag im Aula-Foyer. Zu Gast ist mit Tamara Peters eine aufstrebende Sängerin, die aus dem Selfkant stammt.

(RP)
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