Hückelhoven Pflanzen zum Keimen mit auf den Weg

Hückelhoven · Jugendliche können sich nicht vorstellen, dass die Kirche überflüssig ist. Dennoch war die Zeit in St. Barbara für die Factory Church zu Ende.

 Ein Abschiedsritual beim letzten Jugendgottesdienst in St. Barbara: Jugendliche verbrannten symbolisch Erinnerungsstücke zu Asche.

Ein Abschiedsritual beim letzten Jugendgottesdienst in St. Barbara: Jugendliche verbrannten symbolisch Erinnerungsstücke zu Asche.

Foto: JÜRGEN LAASER

"Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern das Schüren der Flamme!" Der Diktion des französischen Philosophen und Sozialisten Jean Jaurés (1859- 1914) folgten am Mittwochabend die Macher der "Factory Church" beim letzten Jugendgottesdienst in der Barbara-Kirche auf dem Wadenberg in Hückelhoven. Die gut 100 Besucher nahmen aus der schlicht-berührenden Liturgie Blumentöpfchen mit einem Gemisch aus Asche und Erde mit, die mit Löffelchen voll Blumensamen veredelt wurden. Symbolik auch dafür, dass die Factory Church ab Mai in St. Lambertus unten im Tal eine neue Zukunft bekommen wird, die dann blühenden Gewächse sind die weiterzutragende Flamme.

"Heimat, Fluchtpunkt, Erinnerungen, Geborgenheit, Verlust, Trauer, Zerstörung, Traditionen, Werte, Orientierung" - einige der Begriffe, die die gut 20 Factory-Jugendlichen mit Benedikt Patzelt als Jugendpastoral-Referenten auf eine Groß-Leinwand im Altarbereich projiziert hatten, um Gefühle beim Abschied visuell erkennen zu lassen. Atmosphäre schaffend auch die Illumination der ansonsten dunklen Kirche, die Ziegel-"Klagemauer" vor dem Chor mit zahlreichen Kerzen bestückt, die Wände von Strahlern in tiefes Rot, Blau, manchmal auch in etwas Gelb getaucht.

"Sie sagen, die Kirche ist überflüssig, sie sagen, es geht ohne diese Kirche - ich kann's mir noch nicht vorstellen!" Factory-Mitarbeiterin Juliane Schmitt drückte die Unsicherheit nicht nur der Jugendlichen gleich zu Beginn aus. Die Factory-Aktiven waren nicht allein, eine Reihe von Erwachsenen hatten den Weg auf den Berg gefunden, dabei vom Pfarreirat St. Lambertus/Barbara Heinz-Jürgen Knubben mit Ehefrau Barbara. Benedikt Patzelt regte an, alle Anwesenden sollten auf vorbereiteten Zettelchen ihre Deutung von "Heimat" notieren, klar sei, dass mit "Heimat" nicht nur Gebäude oder geografische Bereiche gemeint sein können. Die Gemeinschaftschöre "One of us" von St. Lambertus und "Klangfarben" von St. Johannes in Ratheim hatten mit Leiter Georg Pusch ein fünf Lieder umfassendes Programm einstudiert, das dem Anlass gerecht wurde - das mit "God will make a Way" des Amerikaners Don Moen begann und mit "Deine Hand hält mein Heute und mein Morgen" endete.

"Am Aschermittwoch ist alles vorbei..." - nie habe dieses Lied aktuellere Bedeutung gehabt für diese Kirche, kündigte Benedikt Parzelt eine Aktion der Factory-Jugendlichen als Symbol der Vergänglichkeit an. In einem Eimer wurden ein alter Programmflyer, eine Tageszeitung, Luftschlangen, ein Blumenfoto sowie ein Stadtplan von Hückelhoven als Zeichen der Vergänglichkeit und des Heimatverlustes verbrannt. Aus ihr und der Erde wachsen ab sofort die neuen Blumen.

(isp)
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