Hückelhoven Nostalgische Gefühle bei den Filmtagen

Hückelhoven · 20 Jahre lang waren sie abstinent. Jetzt hat das Filmtage-Fieber sie wieder erwischt. Kerstin Halbach aus Siegen und ihre Freundin Susanne Bechen aus Köln hatten nostalgische Gefühle, als sie zu den Filmtagen nach Hückelhoven kamen.

 Auch Kinder aus der internationalen Vorbereitungsklasse des Gymnasiums Hückelhoven - im Bild Kejsi (von links), Maria und Vitalina - nutzen die Möglichkeit der Filmtage.

Auch Kinder aus der internationalen Vorbereitungsklasse des Gymnasiums Hückelhoven - im Bild Kejsi (von links), Maria und Vitalina - nutzen die Möglichkeit der Filmtage.

Foto: Jürgen Laaser

Die beiden Mittvierzigerinnen fallen auf im internationalen Pulk aus Jugendlichen aus dem Dreiländereck - doch sie nehmen es mit Humor: "Wir tun einfach so, als würden wir zum Leitungsteam gehören", zwinkert Kerstin Halbach vergnügt.

Früher, als beide noch in Siegen studierten, waren sie Gründungsmitglieder des örtlichen Filmclubs. "Damals flatterte oft Infopost mit Einladungen zu Filmfestivals bei uns herein", erinnert sie sich. Aus den Studentinnen der Sozialpädagogik sind längst Frauen geworden, die mitten im Berufsleben stehen und ihre eigene Familie gegründet haben.
Die Mitglieder des Filmclubs haben sich inzwischen aus den Augen verloren. Aber die cineastische Leidenschaft ist geblieben. "Am liebsten sehe ich mir Kurzfilme an", erzählt Kerstin Halbach, Susanne Bechen gerät ins Schwärmen, als sie an eine Begegnung mit dem jungen André Eisermann in Hückelhoven zurückdenkt, der fast schüchtern auf sie wirkte und als Hauptdarsteller in "Schlafes Bruder" über Nacht berühmt geworden war. "Er war so unauffällig, so zurückhaltend", erinnert sie sich an den Besuch des bekannten Schauspielers, der heute in Düsseldorf lebt, bei den Hückelhovener Filmtagen.

Die Freundinnen reisten immer gerne in die ehemalige Zechenstadt. "Man konnte Filme sehen, die es woanders nicht zu sehen gab", sagt Kerstin Halbach, und Susanne Bechen nickt begeistert. Im nächsten Jahr wollen sie wieder dabei sein. "Wir haben das Gefühl, wir haben hier gar nicht gefehlt." Die Bergkapelle Sophia-Jacoba, die Tanzmariechen in der fünften Jahreszeit - die Sozialpädagoginnen haben so manchen kulturellen Höhepunkt in Hückelhoven miterlebt, an den sie sich schmunzelnd erinnern.

Rund 200 junge Teilnehmer aus den drei Ländern sind dabei, als Organisatorin Gisela Münzenberg die 44. Auflage der der Belgisch-Niederländisch-Deutschen Filmtage offiziell eröffnet. Die Aula des Gymnasiums wird einmal mehr zum großen Kinosaal. "Wir haben uns verändert im Laufe der Jahrzehnte, die Stadt hat sich ebenfalls verändert", erklärt die Aachenerin, die seit 1972 zum Filmtage -Team gehört. Bürgermeister Bernd Jansen lässt sich diesmal entschuldigen - Klausurtagung mit der Fraktion. Deshalb liest Gisela Münzenberg-Wiers seine Rede vor, in der der Erste Bürger das Schwerpunktthema Flüchtlinge ausdrücklich begrüßt. Ganz im Sinne des europäischen Gedankens, so der Verwaltungschef, kämen bei den Filmtagen junge Menschen aus den Niederlanden, Belgien und Deutschland zusammen, um gemeinsam Filme anzusehen und zu diskutieren.

Julio Waffo gehört zu denen, die zum Diskutieren da sind und an Begegnungen interessiert sind. Der junge Flüchtling, der seit einiger Zeit in Aachen lebt, schlug sich mit seinem Bruder Patrick aus Kamerun bis in die Domstadt durch. Erlebte unterwegs Hunger, Durst, gefährliche Routen und dubiose Schleuserbanden. "Um zu leben" heißt der 22-minütige Kurzfilm, den die Aachener Filmemacher Miriam Pucitta und Michael Chauvistré mit ihm drehten. Auf der Aula-Bühne stellte sich der junge Mann vom schwarzen Kontinent zusammen mit Michael Chauvistré dem Publikum vor, verriet, dass er bei den Dreharbeiten alles noch mal erlebte. "Eigentlich wollte ich vergessen." An der marokkanischen Grenze stürzte sein Bruder Patrick schwer, verletzte sich am Fuß, musste zurück bleiben. Inzwischen haben sich die Brüder wiedergefunden. Der Film war für Julio ein Aufarbeitungsprozess.

(cb)
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