Hückelhoven Musik als komplexes Lebensgefühl

Hückelhoven · Dem portugiesischen Fado gewidmet war das "Kaffeekonzert" des Vereins "con brio" zum Stadtmusikfest. Das Duo Jan Dijker und Oliver Jaeger wusste die variationsreichen Stimmungswechsel eindrucksvoll zu interpretieren.

 Beste anspruchsvolle Unterhaltung boten Jan Dijker und Oliver Jaeger mit rein instrumentalen Fado-Stücken im Foyer der Aula Hückelhoven.

Beste anspruchsvolle Unterhaltung boten Jan Dijker und Oliver Jaeger mit rein instrumentalen Fado-Stücken im Foyer der Aula Hückelhoven.

Foto: Jürgen Laaser

Beim "Fado" denken wohl 99 Prozent derjenigen, die den Begriff kennen, an dramatischen Gesang. Dass Fado auch in Form von "Guitarradas" meisterlich geboten werden kann, wissen seit Sonntag die weit über 100 Besucher des Konzerts im Hückelhovener Aula-Foyer mit dem "Duo Fado Instrumental" - der Name ist Programm: Die Musiker Jan Dijker und Oliver Jaeger bieten rein instrumentale Gitarrenmusik, eben Guitarradas.

Und dass es eine durchaus vielfältige Literatur für Guitarradas gibt, wurde deutlich, dass aber der Utrechter Jan Dijker und Oliver Jaeger aus dem Bergischen Land neben virtuosen Instrumentalisten auch Komponisten sind, das honorierte das Publikum mit anhaltend-rhythmischem Beifall, der eine Zugabe zur Folge hatte.

Jan Dijker spielt die Portugiesische Gitarre mit ihren zwölf Stahlsaiten, deren Wirbel bogenförmig an der Spitze des Griffbretts angebracht sind, die auch etwa ein Drittel kleiner als die klassisch-spanische Gitarre und etwa eine Oktave höher eingestellt ist. Den direkten Kontrast bietet Oliver Jaeger mit der klassischen Gitarre, die eine Bariton-Höhe hat und im Wechselspiel mit der portugiesischen Schwester den Hörerinnen und Hörern eine faszinierende neue Musikwelt eröffnete.

"Fado ist wie das Leben, Fado ist das Leben, einmal traurig, einmal fröhlich", machte Moderator Oliver Jaeger die Grundlagen ihrer Musik deutlich, die sie mit einem flotten Stück starteten. Fado wird mit "Schicksal" übersetzt. Und gleich das zweite Stück ist ein Klassiker des Großmeisters der portugiesischen Gitarre, Carlos Parades, das ganz einfach "Lied" heißt, in der iberischen Sprache "Cancao" - ein echtes Kunst-Stück, in dem die beiden Musiker in Solopassagen ihr individuelles Können filigran belegen konnten.

Das Projekt "Duo Fado Instrumental" besteht seit zehn Jahren. Das Metier wird in einer Weise beherrscht, dass zunehmend Eigenkompositionen das Repertoire bestimmen, die auch die Sympathie für das Land am Atlantik erkennen lassen. Eine Hymne an die Flüsse Guadiana, Tejo und Douro, als Flussgeister, ist ein rhythmisch betontes, munteres Stück mit Volkstraditionscharakter.

Die eiskristallklare portugiesische Gitarre ist geschaffen für die Eigenkomposition "Winterlandschaft", die vom Bandoneon Oliver Jaegers kontrastiert wird. Selbst das Lied "Luisa", das Jan Dijker über das lange Sterben seiner Mutter geschrieben hat, vermittelt keinen depressiven Eindruck. Und auch nicht der ein typisches portugiesisches Lebensgefühl beschreibende "Saudade", die "Sehnsucht" des Landes mit dem Blick aufs weite Meer.

Neben Landschaften, Lebensgefühlen und Flüssen spielt auch die Politik eine Rolle: Das Vorfeld der "Nelkenrevolution" vom 25. April 1974, die morgens um fünf Uhr mit dem Kampflied "Grandola Vila Morena" von Jose Afonso im katholischen Rundfunk begann, und von Jan Dijker angespielt wurde.

"Sie haben uns wunderbar getragen", machte das Duo abschließend dem dankbaren Publikum ein Riesen-Kompliment.

(isp)
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