Hückelhoven Lengersdorf - einmal USA und zurück

Hückelhoven · Nachfahre eines Auswanderers zum ersten Mal in seinem Leben in Hilfarth, und das im geschichtsträchtigen Ort, dem Korbmachermuseum, dem früheren Wirtschaftshof des nicht mehr existenten Franziskanerinnen-Klosters.

 Der 93-jährige Ewald Lengersdorf (vorne Mitte) mit der Familienchronik (links neben ihm der Buchautor Henseler) umringt von Verwandten bei einem Treffen im Hilfarther Korbmachermuseum.

Der 93-jährige Ewald Lengersdorf (vorne Mitte) mit der Familienchronik (links neben ihm der Buchautor Henseler) umringt von Verwandten bei einem Treffen im Hilfarther Korbmachermuseum.

Foto: JÜRGEN LAASER

Nein, mit Ahnenforschung will er sich nicht beschäftigten, denn die macht süchtig. Und eine Sucht will sich Ewald Lengersdorf nicht an den Hals laden, die hält von anderen interessanten Dingen ab, sagt der 93-Jährige, der älteste Träger dieses in Hilfarth verankerten Namens. Der Senior aus Mönchengladbach-Windberg muss sich nicht um die Ahnenforschung Lengersdorf kümmern, das tut Hubert Henseler aus Hilfarth, der ein Buch aus seinen Recherchen gemacht hat - an dem Lengersdorf durch Infos mitgearbeitet hat.

 Der Personalausweis von Peter Lengersdorf von Februar 1918 in Philadelphia. Der Abdruck des linken Daumens war obligatorisch.

Der Personalausweis von Peter Lengersdorf von Februar 1918 in Philadelphia. Der Abdruck des linken Daumens war obligatorisch.

Foto: Archiv Henseler

Dass Hilfarth "das" Feld für Familien-Namens-Forschung ist, machte Heinz Knur als Vorsitzender des Korbmachervereins plastisch mit dem Faktum, dass es vier oder fünf sehr verbreitete Namen gibt, deren Träger nicht immer wissen, ob und wie sie miteinander verwandt sind. Ein Forschungsfeld also, dessen sich Hubert Henseler angenommen hat, zumindest was den Namen Lengersdorf angeht, Mädchenname seiner Schwiegermutter aus der Linie (Lengersdorf-)"Becks". Wenn eine Menge Leute den gleichen Nachnamen tragen, belegte man häufig die einzelnen Linien mit Beinamen, und dem "Becks" wollte Henseler auf die Spur kommen.

Er stieß auf den Heimatkalender der Erkelenzer Lande von 1965 mit einer Geschichte über Hilfarther Nachnamen samt Unterscheidungs-Beinamen von Jakob Bardohl, der Becks als Variation von "Rebecka" verortete. Hubert Henseler machte sich auf die Suche nach dieser Rebecka in der Familie, in Stadt- und Pfarrarchiven in den Personenstandsakten. Statt ihrer fand er "Lengersdorf - eine Familienchronik", 205 Seiten, von der er nichts geahnt hatte. Das Buch dokumentiert mit Teilstammbäumen, Fotos und Dokumenten die Familie Lengersdorf. Dabei kommt dem 62-jährigen verheirateten Vater eines Sohns die Tätigkeit als Maschinen-Bautechniker zugute - klar und übersichtlich dazu die Beinamen-Linie, auch "Hannese", "Ba" und "Kröcke Josef" erfüllten ihre Funktion zur Unterscheidung. Hannese stammt vermutlich von einem Johannes Lengersdorf, Ba kommt von Baas (Chef, Boss), von Heinrich Lengersdorf, geboren 1889, der Vorarbeiter in einem Korbwarenhandel war. "Kröcke Josef" war im deutsch-französischen Krieg am 6. August 1870 durch Granatsplitter verletzt worden und konnte sich nur noch auf Krücken fortbewegen. Hubert Henseler machte sogar den Verletzungsort, Spichern bei Saarbrücken, ausfindig, Kröcke Josefs Nachkommen können noch heute die Granatsplitter vorzeigen.

Der erste ausfindig gemachte Lengersdorf, Jahn, ist der älteste in der Ahnenreihe, den Hubert Henselers Recherchen zutage gefördert haben. Der hatte eine Itgen Beeck geheiratet, um 1657 in Brachelen. Das erste konkrete Datum ist der 30. November 1653: Das Kirchenbuch der Brachelener Pfarre St. Gereon hält die Taufe eines Frantz Frantzen fest, zu dessen vier Paten der Jahn Lengerstorff gehört. Seine Frau Itgen ist mit Geburtsnamen Beeck als Patin am 5. Dezember 1652 verzeichnet. Das erste ihrer gemeinsamen sieben Kinder ist 1658, das letzte 1671 geboren. Jahn Lengerstorff fand einen tragischen Tod als Opfer von Territorialpolitik in einem der vielen Kriegs- und Raubzüge: Am 22. Juni 1675 wurde er von den "Lothringischen" (Söldner) in Jahn Cuppers Scheune "geschossen und gehauen", wie das Kirchenbuch verzeichnet, einen Tag später starb er.

Ewald Lengersdorf, geboren 28. September 1924 (Rheydt), steht Jahn Lengerstorff am nächsten. Schließlich liegen zwischen Jahns Tod und Ewalds Geburt nur 249 Jahre. Und er hat schon für die Zukunft vorgesorgt - drei Söhne und eine Reihe Enkel. Ewald Lengersdorf gehört in die Linie der "Hannese" in 8. Generation. Der pensionierte Studienrat mit den wachen Augen, dem wachen Geist, der gern hört und erzählt in einer größeren Schar Lengersdorf, wird Hubert Henseler wieder unterstützen bei Recherchen zum nächsten Lengersdorf-Buch. Er hat schon einen Vorschlag für das neue Werk: "Suchtahnenforscher".

(isp)
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