Hückelhoven Gesundes von Feld und Wiese mit Segen

Hückelhoven · Im Schaufenberger Pfarrheim werden heute die am Freitagmorgen gesammelten Kräuter in Sträußen gesegnet. Sie sollen Gebäude, Mensch und Tier vor Unbill schützen. Die Tradition geht auf Brauch im Mittelalter zurück.

 In Schaufenberg wurden aus vorher gepflückten Kräutern - je zwölf verschiedene - Sträuße gebunden. Gottfried Rütten (3. v. re.) kennt Geschichten, die diese Tradition begründen, und die Wirkweise der Heilkräuter.

In Schaufenberg wurden aus vorher gepflückten Kräutern - je zwölf verschiedene - Sträuße gebunden. Gottfried Rütten (3. v. re.) kennt Geschichten, die diese Tradition begründen, und die Wirkweise der Heilkräuter.

Foto: JÜRGEN LAASER

Die kleine Gruppe ist zurück im Schaufenberger Pfarrheim. Mit dabei hat sie Kräuter, die sie auf brachliegenden Wiesen und an Feldrändern gesammelt hat. Nun werden zwölf verschiedene Kräuter zu kleinen Sträußen zusammengebunden. Denn am Montag feiert die katholische Kirche Mariä Himmelfahrt. Traditionell werden während dieses Hochfestes Kräutersträuße gesegnet. Auch in der Gemeinde St. Bonifatius Schaufenberg-Millich ist dies der Fall. Aufgehängt in Häusern, Ställen und Scheunen sollen die gesegneten Kräutersträuße die Gebäude sowie die Menschen und Tiere schützen - vor Blitzschlag, Feuer und Unheil aller Art.

"Diese Tradition kommt schon weit aus dem Mittelalter", erklärt Gottfried Rütten. Der 80-jährige hilft schon lange mit, Kräuter zu sammeln und zu binden. Im Mittelalter hätten die meisten Menschen eine Kuh oder eine Ziege gehabt, um sich zu ernähren. Doch um gesund zu bleiben, seien sie auf verschiedene Kräuter angewiesen gewesen. "Den Tieren wurde dann zu Mariä Himmelfahrt ein Kräuterstrauß hingehangen", sagt Rütten. Denn die Tiere wussten besser als ihre Besitzer, welches Kraut sie gerade benötigten, um gesund zu bleiben. Dies sei aber nur eine von vielen Erzählungen, auf die der Brauch zurückgeht.

Mit den verschiedenen Kräutern ist Rütten bestens vertraut. "Das ist ein Wunderkraut, ein Teufelskraut, ein Glückskraut", sagt er und zeigt auf das Johanniskraut mit seinen gelben Blüten. Er zupft eine ab und zerreibt sie mit den Fingern. Schnell quillt aus der gelb strahlenden Blüte ein blutig roter Saft heraus. Auch heute werde Johanniskraut noch in der Medizin eingesetzt. Bei Depressionen beispielsweise. "Das Gefährliche ist, dass das Kraut den Stoffwechsel unglaublich ankurbelt", erklärt Rütten.

Insgesamt 70 Kräutersträuße möchte die kleine Gruppe binden. So viele bräuchten sie, damit jeder Gottesdienstbesucher einen gesegneten Strauß mit nach Hause nehmen könne. In jeden Kräuterstrauß werden alle zwölf Kräuter eingebunden, die sie gefunden haben. Zur Verzierung bindet die Gruppe auch Hortensienblüten mit ein.

Neben Johanniskraut gibt es auch Schafgarbe, was bei Bluthochdruck helfen soll. Luzerne wirke gegen Magenschmerzen. Weitere Kräuter, die gesammelt wurden, sind Beinwell, Dost, Galgant, Leinkraut, Melisse, Pastinak, Reinfarn und Beifuß. "Beifuß ist für alles gut", sagt Rütten. Es habe gleich 35 verschiedene Anwendungen und könne zum Kochen benutzt werden. Auf die Geschichte des Blutweiderichs geht die Redensart des bitteren Beigeschmacks zurück, weiß Rütten. Denn die bitter schmeckenden Körner wurden früher bei schlechten Ernten als Getreideersatz benutzt. "Je ärmer die Leute waren, desto mehr Blutweiderich mussten sie beim Backen drunter mischen", sagt Rütten.

In St. Bonifatius lebt die Tradition der Kräuterweihe weiter. Auch wenn es laut Rütten immer schwieriger werde, überhaupt Kräuter zu finden, bei industrialisierter Landwirtschaft und abgemähten Grünstreifen.

(anek)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort