Hückelhoven Entschleunigung mit Witz und Ironie

Hückelhoven · Beim Heimspiel überzeugte Marc Breuer mit "Ich hab' die Ruhe weg". Darin bewies er, dass er es auch als Standup-Kabarettist ohne Requisiten kann. In der Zugabe mimte er Löschmeister Josef Jackels.

 Heimspiel in der Aula: Marc Breuer begeistert auch solo sein Publikum. In der Zugabe sang Löschmeister Josef Jackels ein 112-Lied.

Heimspiel in der Aula: Marc Breuer begeistert auch solo sein Publikum. In der Zugabe sang Löschmeister Josef Jackels ein 112-Lied.

Foto: JÜRGEN LAASER

Sieben ausverkaufte Vorstellungen mit über 5000 restlos begeisterten Besuchern: Diese fast schon unglaubliche Resonanz verbuchte Ende September das Rurtal Trio mit seiner fulminanten Revivalwoche in der Aula. Knapp zwei Monate später schlug Marc Breuer, die eine Hälfte dieses Trios, erneut dort auf - mit seinem Soloprogramm "Ich hab' die Ruhe weg" im Gepäck.

Die etwas bange Frage, die sich der gebürtige Brachelener angesichts dieser Vorgeschichte dabei im Vorfeld selbst stellte, lautete: "Kann ich die Menschen gerade dort nun auch solo begeistern?" Diese Skepsis war nicht ganz unberechtigt. Denn mit dem Rurtal Trio hatte der 48-Jährige zwangsläufig eine enorme Erwartungshaltung auch für seinen Auftritt als Solist geweckt. Knackpunkt dabei: Von Inhalt, Form und Struktur unterscheiden sich beide Kunstformen diametral. Das Rurtal Trio ist Figuren-Comedy in Reinkultur, Breuer solo klassisches Standup-Kabarett ohne jegliche Requisiten - von der speziellen Hückelhoven-Zugabe als Löschmeister Josef Jackels abgesehen.

Nach zwei sehr unterhaltsamen Stunden hatte Breuer die Frage sehr überzeugend beantwortet: Ja, es funktioniert - Breuer kann auch Kabarett. Wobei der Titel eine Wunschvorstellung ist. Denn Breuer hat im Programm alles andere als die Ruhe weg, schildert da Stress pur, wird von Terminzwängen, Zeitnot, quengelndem Nachwuchs, Informationsflut, modernen Kommunikationsformen und dem eigenen Drang nach Perfektionismus geplagt, wird aufgerieben zwischen Beruf und Familie, sehnt sich nach Entschleunigung. Nur: Das will nicht so gerecht gelingen, hilflos steckt er in der Alltagsmühle drin.

Das schildert Breuer mal ironisch-selbstironisch, mal witzig, mal sarkastisch - aber immer sehr unterhaltsam. Wer Breuer näher kennt, ist erstaunt, wie viel er dabei von seinem tatsächlichen Leben preisgibt. Das tut er gerne in übertriebener Zuspitzung. Wenn er etwa vom ausgeprägten Mitteilungsbedürfnis seiner Mutter am Telefon erzählt, die ihm da lauter Belanglosigkeiten ihres Alltags auftischt: "Meine Mutter ist dann quasi analoges Facebook: viel Information ohne jeglichen Nutzen." Das kann aber auch äußerst authentisch ausfallen. Wenn er etwa von ihm die Nachtruhe raubenden Babys erzählt und diesen Vergleich anstellt: "Unmotiviert angebrüllt zu werden, habe ich schon damals bei der Bundeswehr nicht vertragen" - Uffz Bruns aus der Grundausbildung in Essen-Kupferdreh lässt da schön grüßen.

Wahr ist auch die hanebüchene Geschichte vom Quiz-Kandidaten in einer Fernsehshow, der sich bei der Frage nach dem Namen des römischen Kriegsgotts (zur Auswahl die Namen mehrerer Schokoriegel) für "Snickers" entscheidet - auch das lässt Breuer fassungslos zurück.

Bleibt die Zugabe. Da schlüpft Breuer in seine Paradefigur vom Rurtal Trio, den Löschmeister Josef Jackels. Dabei kredenzt er dem entzückten Publikum sogar eine Kreis-Heinsberg-Uraufführung: das Lied "112 - ganz ohne Vorwahl", zu dem er sich tapsig über die Bühne bewegt. Da bleibt fürwahr kein Auge trocken. Für die Zuschauer war's auf alle Fälle ein angenehm-entschleunigter Abend.

(emo)
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