Serie Reformation Vor Ort - Teil 8 Eine der ältesten reformierten Gemeinden

Erkelenz · In Hückelhoven kam 1570 die erste Quartiersversammlung reformierter Gemeinden am Niederrhein zusammen. Denkmalkirche mit Sternenhimmel im Jugendstil. Die Schaufenberger Kreuzkirche musste 2012 verkauft werden.

 Die Denkmalkirche an der Haagstraße mit Gemeindezentrum (li.); dahinter liegt das evangelische Altenheim, gegenüber das Pfarrhaus von 1791.

Die Denkmalkirche an der Haagstraße mit Gemeindezentrum (li.); dahinter liegt das evangelische Altenheim, gegenüber das Pfarrhaus von 1791.

Foto: EV. GEMEINDE

HÜCKELHOVEN Wichtige Namen für die Geschichte der Evangelischen in Hückelhoven halten zwei Straßen bis heute fest: die Haagstraße, an der die Kirche, Gemeindezentrum und der alte evangelische Friedhof (heute: Shalompark) liegen, und die kleine Vielhauerstraße, die neben dem Pfarrhaus von 1791 von der Haagstraße abgeht.

Dabei reicht die Geschichte der Ev. Kirchengemeinde Hückelhoven bis in die Reformationszeit selbst zurück. Sie gehört mit zu den ältesten reformierten Gemeinden des Rheinlandes. Rund um Prediger der neuen reformatorischen Lehren - zum Beispiel an der Campanus-Eiche bei Hilfarth, beim Mahrhof und in Haus Hall - bildeten sich auch in Hückelhoven und Hilfarth eigene Gemeinden, die das Abendmahl in beiderlei Gestalt feierten. In Hückelhoven fand 1570 auch die erste Quartiersversammlung reformierter Gemeinden am Niederrhein statt. Im Vorfeld der ersten reformierten Synode auf deutschem Boden 1571 in Bedburg und dann in Emden ordneten diese Zusammenkünfte das gemeinsame kirchliche Leben der neuen reformierten Gemeinden. Für gut 100 Jahre waren die kleinen Gemeinden hier und im Umfeld nur geduldet und so arm, dass sie nur gemeinsam Prediger anstellen konnten. So teilte sich die Gemeinde Hückelhoven noch lange Prediger mit Wassenberg und Lövenich. Erst nachdem das Verbot des Herzogs von Jülich zum Kirchbau für Evangelische aufgehoben war, konnte 1688 die erste, kleinere reformierte Kirche eingeweiht und bald darauf auch ein Pfarrhaus gebaut werden. Auch das ging nur mit großzügiger finanzieller Unterstützung aus den Niederlanden, woran der Name "Haagstraße" heute noch erinnert. So kam ab dem 18. Jahrhundert das Gemeindeleben zu größerer Blüte. Ein eigener Lehrer konnte eingestellt werden. Und Pfarrer konnten über mehrere Jahrzehnte ihren Dienst versehen und wirken. So auch Pfarrer Joh.Christoph Vielhauer, der mit der Gemeinde 1788 das 100-jährige Kirchjubiläum feierte. Drei Jahre später brannte das strohgedeckte erste Pfarrhaus ab und musste neu errichtet werden. 1791 wurde es als ansehnlicher Steinbau fertiggestellt und liegt bis heute der Kirche gegenüber.

Wieder fehlte der Gemeinde Geld, und auch die Spenden einer Kollektenreise ins Bergische Land reichten nicht für den Neubau. Nur weil Pfarrer Vielhauer selbst der Gemeinde 456 Mark für Bauholz und Steine lieh, konnte er so schnell vollendet werden.

Die alten Schwerpunkte des reformatorischen Wirkens in den Dörfern um Hilfarth und Hückelhoven lassen sich noch deutlich aus der Zusammenstellung der Konfessionszugehörigkeit um 1817/19 ablesen. Den stärksten Anteil an Reformierten hatten Millich (97 von 195 Bewohnern - 49,7%), Hilfarth (292 von 560 - 39,7%) und Hückelhoven mit Doverack (224 von 696 - 32,2%). Ganz katholisch blieben Brachelen und Kleingladbach. Ende des 19. Jahrhunderts war die alte kleine Kirche so baufällig geworden, dass die Gemeinde einen Neubau im neugotischen Stil der Zeit beschloss. Diese wurde 1891 eingeweiht und bot mit 250 Plätzen der Hälfte der damals 500 Gemeindeglieder Platz im Sonntagsgottesdienst.

Nach dem 1. Weltkrieg wuchs die Gemeinde durch den Zuzug von Bergleuten und nach dem 2. Weltkrieg durch Flüchtlinge aus den Ostgebieten stark an - auf bis zu 5000 Gemeindeglieder. Dies brachte 1928 die Ausmalung der Kirche mit dem wunderbaren Sternenhimmel im Jugendstil und nach dem 2. Weltkrieg auch den Bau eines evangelischen Altenheimes neben der Kirche (1954) sowie den Neubau von zwei Kirchen mit sich: der Trinitatiskirche in Hilfarth (1959) und der Kreuzkirche in Schaufenberg (1967). Zugleich veränderte sich durch die verschiedenen konfessionellen Prägungen der neuen Gemeindeglieder der ursprünglich rein reformierte Charakter des Gemeindelebens.

Bis heute schmerzlich für viele Gemeindeglieder ist, dass 2012 die Gemeinde die kleine Kirche in Schaufenberg schließen und verkaufen musste.

2017 - 500 Jahre nach Beginn der Reformation - ist die Gemeinde mit intensiver Jugend- und Seniorenarbeit und vielen Angeboten unterwegs, innerhalb und außerhalb ihrer Kirchen das Evangelium "vergnügt, erlöst, befreit" zu hören, weiterzusagen und zu leben.

(RP)
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