Hückelhoven Eimer mit Nüssen für den Schlichter

Hückelhoven · Schiedsleute leisten wichtige ehrenamtliche Unterstützung des Gerichts bei kleineren Rechtsstreitigkeiten. In Hückelhoven gab es jetzt einen Schiedsamtswechsel. Eine gute Gelegenheit für Bilanz und Ausblick.

 Günter Holthausen (l.) scheidet als Schiedsmann bei der Stadt Hückelhoven aus, Bürgermeister Bernd Jansen (Mitte) begrüßt seinen Nachfolger für Kleingladbach, Schaufenberg und Millich, Klaus Brücher (r.).

Günter Holthausen (l.) scheidet als Schiedsmann bei der Stadt Hückelhoven aus, Bürgermeister Bernd Jansen (Mitte) begrüßt seinen Nachfolger für Kleingladbach, Schaufenberg und Millich, Klaus Brücher (r.).

Foto: Jürgen Laaser

Dass mal eine beteiligte Person eine Pistole dabei hatte, ist die absolute Ausnahme geblieben - das ficht den neuen Schiedsmann für Kleingladbach, Schaufenberg und Millich ohnehin nicht an: Klaus Brücher, pensionierter Geschäftsführer des Energieunternehmens WEP, übernahm jetzt im Rathaus gelassen das Amt des "Friedensrichters" vor Ort von Günther Holthausen, der mehr als zehn Jahre schlichtend gewirkt hatte.

Bürgermeister Bernd Jansen hatte zu Kaffee und Fingerfood geladen, die aktuellen und zwei ehemalige Schiedsmänner waren zur Stelle. Nach würdigenden Worten für zehn Jahre und drei Monate Schiedsmannsdienst erhielt die Frohnatur Günter Holthausen als sichtbaren Dank die Metallplakette der Stadt und ein lokales Kochbuch. Ohne Rezept dankte der Leiter des Amtsgerichtes, Dr. Karl-Heinz Horbach, Holthausen für Engagement und Begeisterung fürs Amt, empfahl diese Eigenschaften auch Nachfolger Klaus Brücher.

Spaß habe ihm die Sache gemacht, äußerte Günter Holthausen, auch wenn die Erfolgsquote der Schlichtungen "nur" bei etwa 50 Prozent lag. Am Anfang sei die Erfolgsquote höher gewesen, die letzten drei Fälle seien allerdings nicht sehr schön gewesen, bekennt Holthausen. Da er nun das 70. Lebensjahr erreicht und nicht mehr die Gelassenheit jüngerer Jahre gehabt habe, sei es Zeit fürs Ende des Ehrenamts geworden. Richtige Verhandlungsfälle seien es zuletzt rund vier pro Jahr gewesen, deutlich weniger als noch vor zehn oder gar 20 Jahren, bestätigte die Runde beim Bürgermeister. Zur eigenen Sicherheit hatte Günter Holthausen im Verhandlungsort Grundschule Kleingladbach immer das eingeschaltete Handy hinterm Vorhang liegen. Matthias Weißkopf, früher in Ratheim tätig, hatte das Telefon live zur Polizei geschaltet, als ein Vertreter von Familienclans mit nichtdeutschen Wurzeln eine Pistole zog. Es ist nichts passiert, die Familien waren es nicht gewohnt, dass nur ein Vertreter der jeweiligen Seite an der Verhandlung teilnehmen durfte. Seitdem, so weiß Holthausen, regeln diese Ethnien das mit religiösen Autoritäten unter sich.

Günter Holthausen hat auch zwei Leben von einsamen älteren Menschen gerettet, die sich an ihn gewandt hatten und Zuspruch fanden. Sie hatten keine Gesprächspartner mehr und Suizidgedanken geäußert.

Früchte trug eine Schlichtung unter Nachbarn, die über ihre jeweiligen Nussbäume in Streit geraten waren. Nach der Beilegung kam der eine zum Schiedsmann mit einem Eimer Nüsse, in der Eimermitte durch ein Pappschild fein nach beiden Erzeugern getrennt.

Auf solche Fälle freut sich Klaus Brücher auch schon. Zu den Verhandlungen zieht er die Stadt-Krawatte an, die ihm Bürgermeister Jansen zum Amtsantritt überreichte. Und dann vertieft er sich in die Aktenordner, die er von Günter Holthausen "geerbt" hat - mit Fällen, die bis gut 40 Jahre zurückreichen.

(isp)
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