Auf Ein Wort Jürgen Buchholz Zeitung lesen! Bibel lesen!

Hilden · Zeitung und Bibel zusammen zu lesen hat der Theologe Karl Barth schon vor mehr als 50 Jahren empfohlen. Zeitung und Bibel miteinander ins Gespräch bringen.

Täglich berichtet die Zeitung über Flüchtlinge.

Wir wissen einiges über die Gründe ihrer Flucht. Wir wissen von den Gefahren und Strapazen ihrer Fluchtwege. Wir lesen die Zahlen der Ertrunkenen. Wir nehmen Anteil an der großen Willkommenskultur in Deutschland. Und wir lesen von Übergriffen auf Unterkünfte und den Stimmungsumschwung in Teilen der Bevölkerung. "Silvester in Köln" ist nach wie vor Thema, natürlich. Missbrauch von Gastrecht darf nicht sein. Übergriffe auf Frauen müssen als Gewalttaten geahndet werden. Schließlich: Die Probleme der Kommunen in Sachen Unterbringung und Integration sind bekannt.

Eine schwierige Gemengelage, die Zeitungen berichten differenziert. Einfache Lösungswege gibt es nicht. Dann lege ich die Bibel neben die Zeitung und lese: Ein Fremder soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer. Du sollst ihn lieben wie dich selbst (3. Buch Mose, 19,34). Kommt jetzt etwas miteinander ins Gespräch?

Mir fällt auf, dass die Bibel hier den einzelnen Menschen in den Blick nimmt. Ihr geht es um einzelne Menschen mit ihrer eigenen Geschichte. Ein Fremder. Jeder Mensch zählt, ist Gott wertvoll und soll leben. Gotteswunsch und Menschenrecht. Nächstenliebe setzt hier ein. Nächstenliebe löst keine gesellschaftlichen Probleme. Sie sieht einzelne Menschen in ihrer Not, ist da und hilft. Nächstenliebe überschlägt nicht die Kosten, fragt nicht, ob es schwer oder leicht wird. Nächstenliebe sieht in das Gesicht eines Menschen und lässt sich bewegen. Der Ausgang bleibt offen. Ob es eine Erfolgsgeschichte wird, weiß man nicht. Ich selbst kann hineingezogen werden. Vielleicht ändert sich auch mein Leben.

Die Frage stellt sich, ob wir diesen menschlichen Ansatz der Bibel wagen oder primär die Lösung des gesellschaftlichen Problems im Blick haben. Wenn ich Zeitung und Bibel nebeneinander lege und beide ernst nehme, wünsche ich mir, dass die biblische Sicht der Nächstenliebe wirksam wird. Dass sich viele Menschen weiterhin von ihr motivieren lassen in ihrer Haltung und ihrem Verhalten.

(RP)
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