Auf Ein Wort Frank Göbel Wo man euch aufnimmt

Hilden · Auf meiner diesjährigen Etappe auf dem Camino de Santiago, der mich von Conques nach Saint-Jean-Pied-de-Port führt, hatte ich ein Dejavu:

 Frank Göbel, Pastoralreferent in Hilden.

Frank Göbel, Pastoralreferent in Hilden.

Foto: ola

Als ich in St Jean mittags zur Unterkunft kam, begrüßte man mich mit den Worten: "Komm rein, setz dich, das Essen ist fertig." - Wohlgemerkt: Ich kam als völlig Fremder, unangekündigt - und wurde empfangen wie der beste Freund. Mein Aufenthalt in der Gite überbot das Gefühl noch: Ich gehörte zur Familie.

Ähnlich ist es mir auf meiner allerersten Etappe gegangen: Am zweiten Tag auf dem Weg von Köln nach Brühl fiel mir ein, dass mein Kollege W. in Hürth wohnt und ich ihm doch kurz Hallo sagen könnte. Es war Mittagzeit, als ich läutete. Wir hatten einander lange nicht gesehen; er öffnete und begrüßte mich, als sei es überhaupt nicht überraschend, dass ich da vor seiner Türe stand, mit denselben Worten: "Komm rein, setz dich, das Essen ist fertig."

Da war kein Zögern, Fragen, Sich-Zieren, kein Um-den-heißen-Brei-Herumreden, kein Warum und Wieso und Was-machst-du-überhaupt-hier und Dann-müssen-wir-mal-schauen - einfach nur: Komm rein! Das Bedürfnis nach Angenommen-Sein und Beheimatung ist ein Grundbedürfnis jedes Menschen. Wo die Kultur des Willkommens und der Gastfreundschaft, im Großen wie im Kleinen, durch Misstrauen, Vorurteil oder auch durch Missbrauch in ihr Gegenteil verkehrt wird und Ausgrenzung und Abgrenzung herrschen, herrscht auch Gefahr. Wer stets die Tür offen hält, lebt in der Tat gefährlich. Christ sein heißt gefährlich leben; weil man sich dieser Gefahr zwar bewusst, aber den Traum Gottes von der einen großen Menschenfamilie nicht aufzugeben bereit ist. Gott gebe mir den Mut und die Geistesgegenwart, die Großzügigkeit und den Willen, ebenfalls, wenn ich die Türe öffne, wem auch immer, zu sagen: Komm rein ...!

(RP)
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