Auf Ein Wort Reiner Nieswandt Wir schaffen das - denn wir können es

Hilden · Es gibt nur zwei Gewissheiten im Leben: Dass alles in Bewegung ist ("Alles fließt", wie schon die alten Griechen sagten) und die Gewissheit des biologischen Endes, des Todes. Vielleicht ist dies der tiefere Grund, warum uns die Bilder von Menschen auf der Flucht, die uns im Fernsehen gezeigt werden, und denen wir als Asylbewerbern zunehmend ganz konkret in den Straßen unserer Städte begegnen, so sehr erschrecken.

 Reiner Nieswandt ist Pfarrer von St. Chrysanthus und Daria Haan.

Reiner Nieswandt ist Pfarrer von St. Chrysanthus und Daria Haan.

Foto: Staschik

Manche fühlen sich in diesen Tagen an eigene Flucht- und Migrationserfahrungen erinnert und empfinden Sympathie mit den Flüchtenden. Andere wiederum praktizieren eine abwehrende Haltung, verbunden mit Äußerungen wie: "Wir können nicht das Sozialamt der Welt sein", oder: "Frau Merkel soll nicht die Mutter Teresa Europas spielen", oder auch: "Deutschland geht mit so vielen Fremden zugrunde". An dieser Stelle möchte ich heute mal daran erinnern, was unser Land in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg schon alles geschafft hat. Es wurden, meist erfolgreich, integriert: zwölf Millionen Weltkriegsflüchtlinge; über vier Millionen sogenannte "Gastarbeiter" mit ihren Familien (Übrigens sind zwölf von rund vierzehn Millionen Arbeitsmigranten in Deutschland über kurz oder lang in ihre Heimatländer zurückgekehrt.); über zwei Millionen DDR-Flüchtlinge und über vier Millionen "Aussiedler" aus den osteuropäischen Staaten; schließlich siebzehn Millionen ehemalige DDR-Bürger im Zuge der Wiedervereinigung. Damals hieß es: "Wenn die D-Mark nicht zu uns kommt, gehen wir zur D-Mark." Migration ist gewiss anstrengend; denn auch die Seele muss mitkommen und dies gelingt nicht immer oder nur eingeschränkt. Migration ist anstrengend für alle Beteiligten: Für die, die sich auf den Weg machen; für die, die gefühlt "schon immer" da waren; für die, die sich freundlich der Ankommenden annehmen und ihnen helfen.Wenn es eines gibt, worauf wir in unserem Land wirklich stolz sein können, dann ist es, dass wir diese Herausforderungen immer mehr recht als schlecht bewältigt haben.

Flüchtlinge und Migranten sind ein gewichtiger Teil der deutschen Erfolgsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Es gibt in unserem Land mehr Willkommenskultur als wir oftmals selber meinen. Wir haben es in der Vergangenheit geschafft und wir werden es auch diesmal schaffen, denn wir können es!

(RP)
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