Hilden Wie aus Fundstücken Kunst wird

Hilden · "Gefunden, gesammelt, gefasst" sind die Fundstücke, die Anja Hannig zu ungewöhnlichen Collagen verarbeitet hat.

 Anja Hannig vor ihrem Werk, das einen Engel darstellt. Er ist in der Adventszeit entstanden.

Anja Hannig vor ihrem Werk, das einen Engel darstellt. Er ist in der Adventszeit entstanden.

Foto: Olaf Staschik

Hinter weiß übermaltem Glas finden sich gerahmte Liebesbriefe. "Die hat meine Oma in den zwanziger Jahren noch vor ihrer Heirat an meinen Opa geschrieben", erklärt Anja Hannig. Man sieht gestochen scharfe deutsche Schrift, kann aber wegen der Übermalung nur einzelne Worte lesen. Direkt darüber gerahmtes Sperrholz, in dessen gezacktem Rand alte Schwarz-Weiß-Fotos aus den 50er Jahren stecken. Der Bräutigam, der seine Frau mindestens um Haupteslänge überragt, ist kopflos: "Der Fotograf, der meine Eltern fotografiert hat, war kein Profi und hat den Bildausschnitt falsch gewählt", kommentiert die Künstlerin.

Weitere Werke sind Skulpturen und Objekte, die aus Fundstücken zusammengesetzt sind und die Fantasie der Betrachter anregen sollen: "In den Arbeiten dieser Ausstellung erkennt man die Lust von Anja Hannig, profane, alltägliche,wertlose' Dinge in einen neuen, spannenden Kontext zu bringen und damit die gängige Bewertung dieser Dinge in Frage zu stellen", heißt es im Flyer zur Ausstellung.

Kulturamtschefin Monika Doerr ist ganz begeistert von einem Engel, der im Raum zu schweben scheint: "Der ist so präsent", findet sie. Auch er ist zusammengesetzt aus Fundstücken und in der Adventszeit entstanden. Er sollte beruhigend wirken. "Ich habe dabei an die Hirten auf dem Feld gedacht", erklärt die Künstlerin. Eigentlich will sie aber nichts erklären, sondern freut sich, wenn im Kopf des Betrachters Geschichten entstehen. "Ich will Geschichten erzählen, aber mir fehlen die Worte dazu," sagt Anja Hannig im zweiten Ausstellungsraum - und erzählt dann doch welche. In einer Ecke steht eine Skulptur aus alten Singles und deren Hüllen: "Die hat ein Bekannter bei mir entsorgt und ich habe dann im Garten gesessen und Löcher in die vielen Cover geschnitten, um sie übereinander stapeln und fixieren zu können."

Hannig ist gelernte Goldschmiedin. In ihren silbernen Schmuckstücken verarbeitet sie gefundene Rheinkiesel, Scherben und Murmeln. Einige davon sind in der Ausstellung zu sehen. Die Diplomdesignerin hat seit 2005 ein eigenes Atelier in Hilden an der Südstraße, wo sie reichlich Platz hat, ihre vielen Fundstücke zu horten und irgendwann zu verarbeiten: "Das Haus hat früher die ,Hildanus-Stuben' beherbergt. Ich nutze die alte Kegelbahn und die Keller, um meine Funde dort aufzubewahren."

Objekte, an denen sie arbeitet, liegen oder stehen im heimischen Wohnzimmer und werden nach und nach fertig gestellt. "Da muss meine Familie mit leben", erklärt die dreifache Mutter, die seit 2005 in Hilden lebt und arbeitet.

Die ungewöhnlichen Skulpturen und Objekte von Anja Hannig sind ab heute bis zum 19. März Di., Mi. und Fr. von 16 bis 18 Uhr, Do. von 16 bis 19 Uhr und Sa. von 11 bis 15 Uhr in der Städtischen Galerie im Bürgerhaus, Mittelstraße 40, zu sehen. Der Eintritt ist frei. "An jedem Donnerstag ist die Künstlerin vor Ort", sagt Monika Doerr.

www.anja-hannig.de

(ilpl)
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