Hilden Wenn Stromer so richtig geladen sind

Hilden · 41 Elektrofahrzeuge starteten von Hilden zu einer Reichweiten-Rallye: einmal an die Nordsee und zurück.

 Erfahrungsaustausch an der Stromtankstelle von Roland Schüren (l.). Otto Schönbach (2.v.l.) ist mit seinem Twizzy auf einer 3500 km Rundreise.

Erfahrungsaustausch an der Stromtankstelle von Roland Schüren (l.). Otto Schönbach (2.v.l.) ist mit seinem Twizzy auf einer 3500 km Rundreise.

Foto: Staschik

Geschafft! Auf den Punkt genau rollte der Hildener Elektromeister Burkhard Jordan mit seinem elektrisch angetriebenen Smart aus. Restreichweite: 0 Kilometer. Der Akku war völlig leer. Aber: Jordan hatte mit dem Flüster-Flitzer 132 Kilometer zurückgelegt. Am Stück - und erst auf der A31, Ausfahrt Kirchhellen-Nord war sein Wendepunkt.

Jordans Zweisitzer war eines der kleinsten von 41 Elektroautos, die am Samstag von Hilden zu einer besonderen Rallye starteten. "Elektromobilität im Härtetest der Realität" hieß die Überschrift der Prüfung für Maschine und Mensch. Mit ihr wollten die Stromer tüchtig Dampf ablassen. Denn über 70 Fahrer und Beifahrer sind sauer auf eine große deutsche Automobilzeitung, die Elektrofahrzeuge als viel zu teuer und alltagsuntauglich gebrandmarkt hatte. Dort stand zu lesen: Selbst das über 90 000 Euro teure Modell Tesla S bringe es mal gerade auf magere 187 Kilometer Reichweite. Ermittelt am Rollenprüfstand und mit Hilfe komplizierter Formeln. Irgendwo muss sich da ein Rechenfehler eingeschlichen haben: Am Samstag schaffte es Michael Manger aus Franken in solch einem Fahrzeug von Hilden aus bis an die Nordsee, schoss hinterm Deich ein Beweisfoto und kam wieder zurück, ohne nachzuladen. Mit 558,8 Kilometern war er der Tagessieger.

"Das zeigt sehr deutlich, dass bei dem Test dieser Autozeitschrift irgendetwas falsch gelaufen ist", sagte Bäckermeister Roland Schüren, der selbst auch einen Tesla fährt. Sofort als er den Artikel gelesen hatte, war ihm klar: "Denen beweisen wir das Gegenteil." Umweltfreundliche Mobilität ist Schüren wichtig. Von den Lieferwagen seiner Bäckerei verbrennt kein einziges mehr Benzin; viele werden durch Erdgas angetrieben, immer mehr durch einen Elektromotor. "Weil wir erst vor zwei Wochen zu der Aktion aufgerufen haben, dachte ich, da kommt bloß eine Handvoll Teilnehmer", sagte Schüren. Da hatte er sich geirrt. Elektromobilisten sind eine eingeschworene, untereinander gut verdrahtete Gemeinschaft. Und so musste am Samstag an den über 20 festen und improvisierten Stromzapfsäulen am Mühlenweg ordentlich rangiert werden, um die Akkus aller E-Autos zu befüllen. Stefan Moeller war mit seinem Peugeot 106 aus Leipzig angereist. Das Auto entstand 1998 als eines von 3000 Elektro-Urahnen, hat aber einen frischen Akkusatz, dessen Ladung für 200 Kilometer im Stadtverkehr reicht. Seine Anreise aus Ostdeutschland musste Moeller penibel planen. So parkte er in einer der vergangenen Nächte neben der Müllpresse eines Altenheims - weil deren Stecker zu seinem Ladegerät passte und dort in der Nacht ohnehin kein Müll zerkleinert werden musste. Am anderen Ende der elektroautomobilen Hierarchie: der Tesla S, ein schnittiges, aber eben auch hochpreisiges US-amerikanisches Auto. Gleich vier dieser Fahrzeuge brachten es am Samstag auf Reichweiten jenseits der 500 Kilometer - bei zurückhaltender Fahrweise mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 71 bis 82 Stundenkilometern. Die Verschnaufpausen sind dabei eingerechnet. Roland Schüren sagt: "Damit haben wir bewiesen, was wirklich möglich ist." Egal, ob großes oder kleines Elektroauto - an der Ampel sind alle Mobilitätspioniere gleich, sagt Elektromeister Jordan: "Ich freue mich immer, wenn ich mit meinem Kleinwagen einen Sportflitzer abhängen kann." Denn beim Drehmoment sind die E-Flitzer unschlagbar. Nur wenn so ein Benziner die Elektrozapfsäule der Stadtwerke an der Robert-Gieß-Straße zuparkt, dann ärgert sich Jordan: "Während ich auf Kundenbesuch bin, kann ich mein Elektroauto aufladen."

(dne)
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