Hilden Sterngang erinnert an Opfer der Nazizeit

Hilden · Die Kirchen, die Stadt, der Arbeitskreis Stolpersteine und viele Jugendliche gedachten gestern des 9. Novembers 1938.

 Die Theresienschülerinnen Janina Stanzet und Shirley Filusch schmücken die Stolpersteine von Karl, Otto und Liselotte sowie deren Sohn Manfred Herz mit Rosen und Kerzen.

Die Theresienschülerinnen Janina Stanzet und Shirley Filusch schmücken die Stolpersteine von Karl, Otto und Liselotte sowie deren Sohn Manfred Herz mit Rosen und Kerzen.

Foto: Olaf Staschik

Nasskalt und grau ist dieser 9. November, passend zum Anlass: Gegen 14.30 Uhr brechen Mitglieder des Arbeitskreises Stolpersteine, des Jugendparlaments, der Theresienschule und des Helmholtz-Gymnasiums auf zum "Sterngang". Sternförmig bewegen sie sich von den äußersten Punkten Hildens, an denen Stolpersteine verlegt worden sind, auf den Gedenkstein an die Reichspogromnacht im Stadtpark zu. Dort legt Bürgermeisterin Birgit Alkenings um 16.15 Uhr den Kranz der Stadt Hilden nieder.

In der Reichspogromnacht 1938 (die Nacht vom 9. auf den 10. November) und während der Novemberpogrome (7. bis 13. November) wurden im "Deutschen Reich" jüdische Geschäfte und Einrichtungen demoliert, Synagogen in Brand gesteckt und Hunderte von Juden innerhalb weniger Tage ermordet. Sechs Menschen starben allein in Hilden in der Pogromnacht 1938, einer etwas später an deren Folgen.

Trotz des Regens ist die Veranstaltung gut besucht. Etwa 40 Jugendliche sind mit ihrer Gruppe auf der Mittelstraße unterwegs und suchen dort einen Gedenkstein nach dem anderen auf. Sie stehen vor dem Stolperstein, der an Betty Schweriner erinnert. Betty Schweriner wurde am 6. Mai 1871 in Hilden geboren und wohnte in Hilden und Düsseldorf. Am 21. Juli 1942 wurde sie von Düsseldorf zum Ghetto Theresienstadt deportiert, und von dort am 26. September 1942 zum Vernichtungslager Treblinka, wo sie ermordet wurde. Für ihren Stolperstein hat das Jugendparlament die Patenschaft übernommen. Leon Patzelt referiert ihre Geschichte. Hinterher sagt der 16-Jährige: "Ich finde es unvorstellbar, dass diese Menschen zu Tode gekommen sind. Deswegen gehe ich mit, um an dieses schreckliche historische Ereignis zu erinnern." Schülerinnen der Theresienschule erinnern ein paar Häuser weiter an Familie Herz. Carl Herz wurde in der Pogromnacht erstochen. Lieselotte und Otto Herz flohen noch mit ihrem kleinen Sohn Manfred in die Niederlande, starben aber schließlich auch - vermutlich 1942 in Auschwitz.

Schülerinnen der Theresienschule haben sich mit der Geschichte der Familie befasst. Sie stellen Kerzen auf, legen weiße Rosen nieder und tragen ein Gedicht vor: "Ich empfinde Trauer und Erschütterung", sagt die 16-jährige Particia Grabowski.

Schüler des städtischen Helmholtz-Gymnasiums beschäftigen sich gerade mit der Frage: "Was hat Hilden mit Auschwitz zu tun?" Auch sie sind zahlreich zum Sterngang erschienen. Am Gedenkstein im Stadtpark stehen schließlich mehr als 100 Personen.

Bürgermeisterin Birgit Alkenings referiert die Ereignisse von 1938 in Hilden und schlägt einen Bogen ins Jetzt und zu den Populisten: "Wir müssen widersprechen - und für ein humanes Europa eintreten."

(ilpl)
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